Wer als Anschlussinhaber wegen Urheberrechtsverletzung beim sog. Filesharing in Anspruch genommen wird, der trägt nach der Rechtsprechung die sog. sekundäre Darlegungs- und Beweislast. Welche Anforderungen daran zu stellen sind, wird von unterschiedlichen Gerichten immer wieder unterschiedlich beurteilt. Das LG Bochum hat in seinem Urteil vom 07.09.2017 (I-8 S 17/17) es als ausreichend angesehen, dass die beklagte Anschlussinhaberin angegeben hatte, dass ihr volljähriger Sohn, der zur Tatzeit in ihrem Haushalt gelebt hatte, als möglicher Täter in Betracht kommt. Die Klage der Musikindustrie wurde daraufhin abgewiesen.
Urheberrechtsverletzung überwiegend zur Nachtzeit
Die Beklagte, eine Mutter, war als Anschlussinhaberin wegen einer Urheberrechtsverletzung beim Filesharing in Anspruch genommen worden. Sie hat die eigene Täterschaft bestritten und zu ihrer Verteidigung vorgetragen, dass der Internetanschluss in dem relevanten Zeitraum, in dem die Urheberrechtverletzungen begangen wurden, regelmäßig in der Zeit nach 23:00 Uhr, von ihrem damals 44 Jahre alten Sohn genutzt worden sei. Weiter hat sie vorgetragen, dass ihr Sohn auch Internettauschbörsen und ihren Internetanschluss zum Herunterladen von größeren Datenmengen genutzt habe, da dessen eigener Internetanschluss eine zu geringe Bandbreite aufgewiesen hätte. Der Computer des Sohnes sei auch teilweise über Nacht an geblieben.
Dieser Vortrag wurde von der Klagepartei nicht bestritten.
Sekundäre Darlegungs- und Beweislast erfüllt
Dem LG Bochum genügte dieser Vortrag um die Klage abzuweisen. Die Richter waren der Auffassung, dass die Beklagte der sekundären Darlegungslast dadurch genügt habe, dass sie die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Täters aufgezeigt habe. Es sei nicht ersichtlich, welche weiteren Informationen die Beklagte der Klägerin noch hätte offenbaren können, um diese die Verfolgung ihrer Rechte gegenüber dem Sohn zu ermöglichen.
Es wäre nun, so die Richter, Aufgabe der Klagepartei gewesen zumindest sachlich zu begründen, warum dieser nicht als Täter in Betracht komme. Die bloße Behauptung ins Blaue hinein genüge nicht.
Die Klägerin hatte zwar den Sohn als Zeugen zum Beweis dafür angeboten, dass dieser nicht der Täter gewesen sei. Mangels hinreichend Vortrags hat das Gericht aber den angebotenen Zeugen nicht vernommen, weil es sich dabei um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt hätte. Die Beweiserhebung selbst hätte dann nämlich erst Tatsachen zur Kenntnis der Klägerin gebracht, die ihr weiteren Vortrag ermöglicht hätten.
Auf den Vortrag kommt es an
Der Fall macht deutlich, dass auch bei den Massenverfahren der Musikindustrie die diese vertreten Anwälte manchmal nicht in der Lage sind situationsadäquat korrekt vorzutragen und dadurch Rechtsstreitigkeiten verloren gehen. Hätten nämlich die Anwälte der Klagepartei den Vortrag der Beklagten mit Nichtwissen bestritten, dann hätte zumindest eine Vernehmung des Sohnes stattfinden müssen. Dies deshalb, weil dann der Sohn als Zeuge der Beklagten und nicht als Zeuge der Klagepartei hätte vernommen werden müssen.