Nicht nur Sachmängel, sondern auch ein Rechtsmangel kann dazu führen, dass der Käufer vom Vertrag zurücktreten kann.
Wer einen Gebrauchtwagen kauft, der erlebt manchmal unliebsame Überraschungen. Regelmäßig deshalb, weil das gekaufte Fahrzeug nicht frei von Sachmängeln ist und deshalb Streit darüber mit dem Verkäufer entsteht, welche Rechte für den Käufer daraus herzuleiten sind.
Kfz wird wegen Fahndungseintrag im Schengener Informationssystem beschlagnahmt
Probleme ganz anderer Art hatte der Käufer eines gebrauchten Rolls-Royce Cabrios, dass er für 29.000 € erworben hatte. Als er das Fahrzeug auf sich im Juli 2013 zulassen wollte, wurde es beschlagnahmt, weil es von französischen Behörden im Schengener Informationssystem (SIS) als gestohlen gemeldet worden war. Beim Schengener Informationssystem handelt es sich um eine umfangreiche Datenbank, die unter anderem Informationen über gestohlene oder vermisste Fahrzeuge enthält. Der Hauptzweck der Datenbank ist – vor dem Hintergrund grundsätzlich weggefallener Grenzkontrollen an den Binnengrenzen – die Sicherstellung eines hohen Maßes an Sicherheit innerhalb der Schengen-Staaten, indem den zuständigen nationalen Behörden, wie Polizei und Grenzschutz, gestattet wird, Ausschreibungen zu Personen und Gegenständen einzugeben und abzufragen.
Als dann bei den polizeilichen Ermittlungen, die sich auch gegen den Käufer und Verkäufer richteten, dann der Verdacht aufkam, die ursprüngliche französische Eigentümer könnte den Diebstahl nur zum Zwecke des Versicherungsbetrugs vorgetäuscht haben, wurde das Fahrzeug freigegeben und der Käufer konnte es auf sich zu lassen.
Nachdem das Fahrzeug aber weiter in der SIS-Datenbank zur Fahndung ausgeschrieben war, verlor der Käufer den Spaß an seiner Anschaffung, erklärte den Rücktritt vom Vertrag und verlangte Rückzahlung des Kaufpreises. Da der Verkäufer den Kaufpreis nicht zurückzahlen wollte, landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht.
Bereits der bloße Fahndungseintrag im Schengener Informationssystem stellt einen Rechtsmangel dar, der dem Käufer das Recht gibt vom Kaufvertrag zurückzutreten
Der BGH (Urteil vom 18.01.2017 – VIII ZR 234/15) hat entschieden, dass bei einem Gebrauchtwagen ein Fahndungseintrag im Schengener Informationssystem (SIS) einen zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigenden Rechtsmangel darstellen kann.
Um seine Leistungspflicht zu erfüllen, hat ein Verkäufer dem Käufer nicht nur Eigentum an der Kaufsache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB). Er muss weiterhin dafür sorgen, dass sie frei von Rechtsmängeln ist, der Käufer sie also unangefochten und frei von Rechten Dritter wie ein Eigentümer nutzen kann (§§ 433 Abs. 1 Satz 2, 435 Satz 1, 903 Satz 1 BGB).
Insofern ist nicht erst die behördliche Sicherstellung oder Beschlagnahme eines Kraftfahrzeugs, sondern bereits dessen Eintragung in die Fahndungsliste aufgrund einer SIS-Ausschreibung als Rechtsmangel anzusehen. Denn eine solche Eintragung ist für den Käufer mit der konkreten, im gesamten Schengen-Raum bestehenden Gefahr verbunden, dass bei der Zulassung des Fahrzeugs oder einer Halteränderung oder einer polizeilichen Kontrolle die Eintragung festgestellt und ihm das Fahrzeug daraufhin auf unbestimmte Zeit entzogen wird.
Im vorliegenden Fall war dies im Jahr 2013 bereits für die Dauer von einigen Monaten geschehen. Nachdem die SIS-Eintragung weiterhin nicht beseitigt ist, muss der Kläger auch zukünftig im gesamten Schengen-Raum jederzeit mit einer erneuten Beschlagnahme rechnen. Gerade bei einem Entzug im Ausland wäre dies für ihn nicht nur mit einem erneuten zeitweisen Entzug der Nutzungsmöglichkeit, sondern insbesondere auch mit erheblichen Anstrengungen zur Wiedererlangung des Fahrzeugbesitzes verbunden.
Weiterhin ist auch die (Weiter-)Verkäuflichkeit eines Pkw durch die Fahndungseintragung stark beeinträchtigt; denn der Kläger wäre redlicherweise gehalten, einen potentiellen Käufer über die SIS-Eintragung aufzuklären.