Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht, obwohl er ihn beschäftigen müsste, dann kann der Arbeitnehmer grundsätzlich, obwohl er nicht gearbeitet hat, den Lohn unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs des Arbeitgebers verlangen, § 615 BGB. Diese Konstellation tritt regelmäßig dann auf, wenn ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis gekündigt hat und dann durch das Arbeitsgericht letztverbindlich festgestellt worden ist, dass die Kündigung unwirksam war. Der Arbeitgeber muss dann regelmäßig dem Arbeitnehmer auch für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Weiterbeschäftigung den Lohn bezahlen.
Was aber ist, wenn ein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber nicht fortbestanden hat, sondern erst rückwirkend neu begründet wird. Mit dieser Frage hat sich nun das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 19.08.2015 (5 AZR 975/13) befasst und für diesen Fall einen Lohnanspruch des Arbeitnehmers verneint.
Was war geschehen?
Die Klägerin war vormalig bei der Beklagten beschäftigt, bevor im Jahr 1986 deren Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf eine neu gegründete Gesellschaft übergegangen war. Im Rahmen des Übergangs hatte die Beklagte der Klägerin ein Rücktrittsrecht garantiert. Im Jahr 2009 war dann über das Vermögen der neuen Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden und der Klägerin wurde im Januar 2010 im Rahmen der Insolvenz gekündigt. Die Klägerin machte daraufhin ihr Rücktrittsrecht gegenüber der Beklagten geltend. Nachdem die Beklagte zunächst eine Wiederbeschäftigung der Klägerin abgelehnt hatte, hatte die Klägerin geklagt und gewonnen. Die Beklagte war verurteilt worden das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ab dem 01.02.2010 anzunehmen.
Mit einer neuerlichen Klage begehrte die Klägerin nunmehr Verzugslohn für die Zeit ab dem 01.02.2010 bis zur Beschäftigungsaufnahme. Während die Vorinstanzen noch der Klägerin Recht gaben, hat das BAG ein solcher Anspruch allerdings verneint. Ein Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzug setzt nämlich ein tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Daran fehlt es aber bei einem Arbeitsverhältnis, das, so wie hier, rückwirkend begründet worden sei.
Nach Auffassung der Richter steht der Klägerin aber auch kein Anspruch wegen verschuldeter Unmöglichkeit des Arbeitgebers nach § 326 Abs. 2 S. 1 Fall 1 BGB zu, weil die Beklagte kein Verschulden trifft. Sie habe sich, so die Richter, vielmehr in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden.
Anmerkung:
Wie heißt es immer so schön: „Wer nicht kämpft, hat schon verloren“.
Dies verdeutlicht auch dieser Fall mit dem sich zunächst die Arbeitnehmerin nach 13 Jahren wieder in ein Arbeitsverhältnis zurückgeklagt hat und dann der Arbeitgeber durch drei Instanzen gehen musste, um unberechtigten Zahlungsansprüchen zu entgehen.