Der Traum von den eigenen 4 Wänden zählt zu den größten Wünschen der meisten Menschen, die noch zur Miete wohnen. Dass ein solcher Traum aber schnell zum Albtraum werden kann, zeigt der nachfolgend nunmehr vom BGH mit Urteil vom 17.10.2014 (V ZR 9/14) letztinstanzlich entschiedene Fall, in dem er eine Wohnungseigentümergemeinschaft dazu verurteilt hat, in erheblichem Umfang Sanierungskosten am Gemeinschaftseigentum mitzutragen, obwohl die Sanierungsmaßnahme im Wesentlichen nur einem einzigen Eigentümer zugutekommt. Die Richter haben dabei entschieden, dass ein Wohnungseigentümer die Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen kann, wenn diese zwingend und sofort erforderlich ist; finanzielle Schwierigkeiten einzelner Eigentümer oder deren hohes Alter spielen dabei nach Auffassung des Gerichts keine Rolle.
In dem Rechtsstreit bestand die Wohnungseigentümergemeinschaft ursprünglich aus zwei Einheiten im Erd- und Dachgeschoss eines Hauses. Der Rechtsvorgänger der Klägerin baute seine Kellerräume nachträglich aus, so dass diese seit einer Teilungserklärung aus dem Jahre 1996 eine dritte Sondereigentumseinheit bilden. Sämtliche Wohneinheiten wurden später veräußert.
Die Klägerin erwarb die im Keller gelegene Wohnung im Jahr 2002 unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Diese weist seit dem Jahr 2008 einen Feuchtigkeitsschaden auf und ist inzwischen unbewohnbar. Ursache hierfür sind in erster Linie Planungsfehler bei dem Umbau der Keller- in Wohnräume und damit verbundene Baumängel, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen. Die Klägerin verlangt deshalb sofortige Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums, um die Nutzbarkeit ihres Sondereigentums wieder herzustellen. Die Beklagten sind die jetzigen Eigentümer der Wohnungen im Erd- und Dachgeschoss. Diese haben sich der Sanierung aufgrund des damit verbundenen hohen finanziellen Aufwands sowie ihres fortgeschrittenen Alters widersetzt.
Während das Amtsgericht die Beklagten verurteilt hat, der anteiligen Aufbringung der Kosten für die Sanierung der Kellergeschosswohnung durch die Wohnungseigentümer und zu diesem Zweck der Bildung einer Sonderumlage von rund 54.500 € zuzustimmen sowie Schadensersatz aufgrund der verzögerten Renovierung der Kellergeschosswohnung zu zahlen, hat das Landgericht im Berufungsverfahren des Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es war der Ansicht, die Kostenbelastung überschreite die „Opfergrenze“ der betagten und finanzschwachen Beklagten, deren Wohneinheiten auch ohne die begehrte Sanierung nutzbar seien.
Der nun in letzter Instanz mit der Angelegenheit befasste Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Beklagten sowohl zur Zustimmung zu der anteiligen Kostentragung als auch zur Bildung der Sonderumlage verurteilt.
Jeder Wohnungseigentümer, so die Richter, kann nämlich die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums beanspruchen. Allerdings haben die Wohnungseigentümer insoweit einen Gestaltungsspielraum; sie müssen das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und im Grundsatz auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen.
Deshalb sind sie berechtigt, Kosten und Nutzen einer Maßnahme gegeneinander abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen ggf. zurückzustellen. Anders liegt es aber dann, wenn – wie hier – die sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich ist. Denn infolge der sanierungsbedürftigen Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum ist die Wohnung der Klägerin unbewohnbar.
Für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten (oder des Alters) einzelner Wohnungseigentümer ist in solchen Fallkonstellationen kein Raum. Dies liefe der notwendigen Erhaltung von Wohnungseigentumsanlagen zuwider.
Zudem müsste die Klägerin die Lasten des Wohnungseigentums tragen, obwohl sie es dauerhaft nicht nutzen könnte. Die Wohnungseigentümer müssen anteilig für die Sanierungskosten aufkommen, selbst wenn sie in erster Linie der Kellergeschosswohnung zugutekommt.
Im Hinblick auf die Schadensersatzansprüche hat der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Entschieden hat er aber, dass eine Ersatzpflicht der Wohnungseigentümer für solche Schäden an dem Sondereigentum in Betracht kommt, die dadurch entstehen, dass die gebotene Beschlussfassung über die Vornahme zwingend erforderlicher Maßnahmen unterbleibt. Eine Haftung kann diejenigen Wohnungseigentümer treffen, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.
Anmerkung:
Mitgefangen ist mitgehangen. Dieses Sprichwort trifft recht gut auf die Verhältnisse in einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu. Es ist also keineswegs so, wie es oft gerne von Banken als Verkaufsargument verwendet wird, dass Wohnungseigentum gegenüber einer Miete nur Vorteile hat. Ganz im Gegenteil. Wenn es dem Mieter zu bunt wird, dann kann er kündigen und ist nach 3 Monaten weg. Für den Wohnungseigentümer ist es oft viel schwieriger, sich durch Verkauf der Wohnung aus der Eigentümergemeinschaft zu lösen. Dies besonders dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft problembeladen ist, was in der Praxis leider doch sehr häufig vorkommt. Deshalb: Augen auf beim Wohnungskauf.