Im Zivilprozess taucht immer wieder die Situation auf, dass Parteien im Vorfeld, gerade wenn es um Mängel oder Schadenersatz geht, ein Privatgutachten in Auftrag gegeben haben. Dieses Privatgutachten ersetzt allerdings kein gerichtliches Sachverständigengutachten, sondern ist im Rechtsstreit nur als qualifizierter Parteivortrag zu bewerten.
Manchmal wird versucht das Privatgutachten dann dadurch zum Beweis des eigenen Vortrags aufzuwerten, indem nun beantragt wird, den Privatgutachter als sachverständigen Zeugen zu vernehmen.
Sollten Sie mit einer solchen Vorgehensweise Ihres Gegners konfrontiert werden, dann ist Vorsicht geboten, weil Sie sonst Gefahr laufen, dass das Gericht durch diesen „Trick“ dem Privatgutachten einen Stellenwert einräumt, der ihm von der Zivilprozessordnung gar nicht zugedacht ist. Eine Einvernahme des Privatgutachters ist nämlich dem Zeugenbeweis nicht zugänglich, wenn es sich bei den unter Beweis gestellten Bekundungen um sachverständige Wertungen handelt, die dem Zeugenbeweis nicht zugänglich sind (OLG Stuttgart, Urteil vom 9. März 2011 – 3 U 121/10).
Tipp:
Lassen Sie sich also nicht aufs Glatteis führen und widersetzen sie sich frühzeitig einer Vernehmung des Privatgutachters. Wird er vom Gericht trotzdem vernommen und dessen Aussage bei der Urteilsfindung berücksichtigt, ist das Urteil angreifbar.
Übrigens: das bloße Bestreiten der Richtigkeit eines Privatgutachtens reicht aus, um das Gericht zu einer Beweisaufnahme zu zwingen. Mehr zu dieser Thematik finden Sie hier.