Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist ein zentrales Instrument im deutschen Arbeitsrecht, um die Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten nach längerer oder wiederholter Erkrankung zu fördern und gleichzeitig das Arbeitsverhältnis zu erhalten. Gemäß § 167 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, ein BEM durchzuführen, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist. Diese Verpflichtung gilt unabhängig von der Größe des Unternehmens oder der Branche.
Zweck und Ziele des BEM
Das BEM zielt darauf ab, gemeinsam mit dem betroffenen Mitarbeiter Möglichkeiten zu erarbeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und erneuten Erkrankungen vorgebeugt werden kann. Dabei sollen individuelle Lösungen gefunden werden, die den Erhalt des Arbeitsplatzes unterstützen. Der Prozess ist ergebnisoffen und setzt die freiwillige Mitwirkung des Arbeitnehmers voraus.
Rechtliche Bedeutung des BEM vor einer krankheitsbedingten Kündigung
Die Durchführung eines BEM ist keine formale Voraussetzung für die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung. Allerdings kann eine unterlassene oder fehlerhafte Durchführung des BEM die Kündigung als unverhältnismäßig und somit sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen. In solchen Fällen trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass auch ein ordnungsgemäß durchgeführtes BEM die Kündigung nicht hätte verhindern können.
Ausnahmen und besondere Konstellationen
Es gibt jedoch Ausnahmesituationen, in denen eine Kündigung trotz fehlendem BEM wirksam sein kann. Eine Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer das BEM-Verfahren ohnehin abgelehnt hätte.
Die Zustimmung des Integrationsamts zu einer krankheitsbedingten Kündigung er setzt dagegen das BEM nicht. Diese setzt nicht automatisch die Vermutung, dass ein unterbliebenes BEM die Kündigung nicht hätte verhindern können.
Aktuelle Entwicklungen und Rechtsprechung
Die Rechtsprechung zum BEM entwickelt sich stetig weiter. Ein einmal durchgeführtes BEM wirkt nicht dauerhaft. Vielmehr muss der Arbeitgeber ein BEM erneut anbieten, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach Abschluss des ersten BEM erneut länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Zudem wurde durch das Teilhabestärkungsgesetz klargestellt, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, eine Vertrauensperson eigener Wahl zum BEM hinzuzuziehen.
Fazit
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist ein essenzielles Instrument zur Förderung der Gesundheit von Beschäftigten und zur Vermeidung krankheitsbedingter Kündigungen. Arbeitgeber sind gut beraten, das BEM sorgfältig und unter Beachtung der aktuellen rechtlichen Vorgaben durchzuführen. Eine unterlassene oder fehlerhafte Durchführung kann die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung infrage stellen und zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen. Es empfiehlt sich daher, bei längeren oder wiederholten Krankheitszeiten frühzeitig das Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter zu suchen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die sowohl den gesundheitlichen Bedürfnissen des Arbeitnehmers als auch den betrieblichen Erfordernissen gerecht werden.