In der Immobilienpraxis stellt sich immer häufiger die Frage, ob ein Makler auch dann eine Provision verlangen kann, wenn nicht der ursprüngliche Interessent die Immobilie erwirbt, sondern ein ihm nahestehendes Familienmitglied oder eine von ihm beherrschte Gesellschaft. Schnell steht der Vorwurf im Raum, es handele sich um eine unzulässige Vertragsstrafe und nicht mehr um eine klassische Maklervergütung.
Mit einem von unserer Kanzlei erstrittenen aktuellen Urteil vom 28.05.2025 (Az. 14 O 3569/24) hat das Landgericht München II einen solchen Fall entschieden und die Kundin zur Zahlung einer erheblichen Maklerprovision verpflichtet. Die Entscheidung stärkt Makler in Umgehungskonstellationen deutlich und zeigt, unter welchen Voraussetzungen eine Vertragsstrafenklausel im Maklervertrag wirksam ist.
Typischer Fall: Kunde fragt Objekt an – kauft aber nicht selbst
Im entschiedenen Fall hatte die Kundin über die Website eines Maklerbüros ein Exposé zu einem besonderen, denkmalgeschützten Objekt angefordert. Das Exposé enthielt einen klaren Provisionshinweis sowie die einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Maklers. Die Kundin bekundete weitergehendes Interesse, ließ sich weitere Unterlagen übersenden und akzeptierte die AGB online.
Später erwarb nicht die Kundin selbst das Objekt, sondern eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementär ihr Ehemann war. Der Makler machte daraufhin die volle Provision geltend und berief sich auf eine Klausel, wonach die Provision auch dann fällig wird, wenn aufgrund der Weitergabe der Maklerinformationen ein Familienangehöriger oder eine verbundene Gesellschaft das Objekt kauft.
Die Kundin verteidigte sich unter anderem mit dem Argument, ihr Ehemann habe das Objekt über andere Makler gefunden, und die Forderung sei im Ergebnis eine unzulässige Vertragsstrafe. Das Landgericht München II folgte dieser Argumentation nicht.
Rechtlicher Rahmen: Maklervergütung und Vertragsstrafe
Leitbild des Maklervertrags: Erfolgsabhängige Vergütung
Ausgangspunkt ist das gesetzliche Leitbild des Maklervertrags in § 652 BGB. Danach entsteht der Anspruch auf Maklerlohn nur, wenn der Makler den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags oder die Vermittlung eines Vertrags erbringt und infolge dieser Tätigkeit der Hauptvertrag zustande kommt. Die Provision ist also grundsätzlich erfolgsabhängig.
Weitere Regelungen zur Vergütung finden sich in § 653 BGB, während § 654 BGB den Provisionsanspruch ausschließt, wenn der Makler pflichtwidrig für beide Seiten tätig wird oder sonst in schwerwiegender Weise gegen seine Treuepflichten verstößt.
AGB-Kontrolle von Maklerklauseln
Makler arbeiten regelmäßig mit vorformulierten Vertragsbedingungen. Diese unterliegen der AGB-Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB. Besonders relevant ist dabei § 307 BGB, der eine unangemessene Benachteiligung des Kunden verbietet.
Für Vertragsstrafen enthält § 309 Nr. 6 BGB zusätzliche Grenzen für Klauseln in AGB. Unzulässig sind insbesondere pauschale Vertragsstrafen, die ohne sachlichen Grund, ohne Höchstgrenze oder ohne hinreichende Differenzierung einen erheblichen Druck auf den Kunden ausüben.
Vertragsstrafe im Maklerrecht – Abgrenzung zur klassischen Provision
Von einer Vertragsstrafe spricht man, wenn eine Geldzahlung nicht als Gegenleistung für eine positive Leistung des Vertragspartners, sondern als Sanktion für einen bestimmten Verstoß geschuldet wird. Im Maklerrecht kann sich eine Klausel zur Sicherung der Provision daher schnell der Vertragsstrafe annähern.
Das ist jedoch nicht per se unzulässig: Solange die Klausel dem Makler ein legitimes Schutzinteresse gewährt – insbesondere zur Verhinderung von Umgehungskonstruktionen – und die Grenzen des AGB-Rechts (§ 307 BGB, § 309 Nr. 6 BGB) gewahrt bleiben, kann eine solche Vertragsstrafe wirksam sein.
Die Klausel im entschiedenen Fall – wirksame Vertragsstrafe
Die AGB des Maklers sahen vor, dass die überlassenen Unterlagen vertraulich zu behandeln sind und nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen. Für den Fall, dass der Kunde die Informationen dennoch weitergibt und der Dritte das Objekt erwirbt – insbesondere ein Familienangehöriger, eine verbundene Gesellschaft oder eine Gesellschaft, an der der Auftraggeber beteiligt ist –, sollte der Kunde die volle Provision schulden.
Das Landgericht München II ordnete diese Regelung ausdrücklich als zulässige Vertragsstrafe ein und prüfte sie anhand der Vorgaben der §§ 305 ff. BGB. Die Kammer stellte fest, dass die Klausel:
- transparent formuliert ist,
- auf ein legitimes Schutzinteresse des Maklers zielt und
- den Kunden nicht unangemessen benachteiligt.
Der Makler soll davor geschützt werden, dass ein Interessent einen „Strohmann“ vorschiebt, der dann ohne Provision kauft. Die Situation ist vom Bundesgerichtshof bereits in früherer Rechtsprechung anerkannt worden, insbesondere im Urteil vom 14.01.1987 (IVa ZR 130/85), in dem der BGH vergleichbare Klauseln als wirksam bewertet hat.
Beweislast und Substantiierungspflichten des Kunden
Im Prozess war die zentrale Frage, ob die Beklagte die Maklerinformationen tatsächlich an ihren Ehemann und die von ihm beherrschte Gesellschaft weitergegeben hatte. Der Makler trug detailliert zu den Kontakten, Unterlagen und Abläufen vor. Die Beklagte berief sich lediglich pauschal darauf, ihr Ehemann habe das Objekt auf anderem Wege gefunden.
Das Gericht betonte die gesteigerte Substantiierungspflicht der Beklagten nach § 138 Abs. 2 ZPO, da es sich um Vorgänge aus ihrem eigenen Wahrnehmungsbereich handelt. Weil sie keinen in sich schlüssigen und konkret belegten Alternativverlauf darstellte, galt der Vortrag der Maklerin nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.
Damit stand für das Gericht fest:
- Die Beklagte hatte Maklerinformationen erlangt und gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen.
- Die Käufergesellschaft war ihr persönlich und wirtschaftlich eng verbunden.
- Der Erwerb der Gesellschaft beruhte auf den vom Makler zur Verfügung gestellten Informationen.
Internationaler Bezug und anwendbares Recht
Besonderheit des Falls war, dass sich das Objekt in Südtirol/Italien befand. Die Beklagte argumentierte unter anderem damit, der Maklervertrag verstoße gegen italienische Regelungen. Das Landgericht München II stellte jedoch klar, dass sich das anwendbare Recht nach der Rom-I-Verordnung richtet. Da der Makler seine Leistung überwiegend in Deutschland erbracht hatte, war deutsches Recht maßgeblich.
Von einem Verstoß gegen ein deutsches gesetzliches Verbot – der eine Nichtigkeit nach § 134 BGB auslösen könnte – konnte daher keine Rede sein.
Praktische Konsequenzen für Makler
AGB sauber formulieren und rechtssicher gestalten
Das Urteil zeigt, dass gut gestaltete AGB im Maklerrecht ein wirksames Instrument sind, um die eigene Provisionsanspruchslage abzusichern. Makler sollten insbesondere:
- Vertraulichkeit der Exposés und Unterlagen klar regeln,
- eine ausdrücklich formulierte Weitergabeverbots- und Vertragsstrafenklausel aufnehmen,
- Familienangehörige, verbundene Unternehmen und Beteiligungsgesellschaften ausdrücklich erfassen.
Solange die Klauseln den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB, insbesondere § 307 BGB und § 309 Nr. 6 BGB, genügen, sind sie nach der Linie des LG München II gut verteidigbar.
Vertragstreue des Kunden einfordern
Die Entscheidung unterstreicht zudem, dass der Makler darauf vertrauen darf, dass der Kunde seine vertraglichen Pflichten ernst nimmt. Die aus dem Schuldverhältnis resultierende Treuepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB verbietet es dem Kunden, gezielt Umgehungskonstruktionen zu wählen, um die Provision zu vermeiden.
Praktische Konsequenzen für Käufer und Interessenten
Für Käufer bedeutet das Urteil: Wer ein Exposé anfordert und AGB akzeptiert, geht einen rechtsverbindlichen Vertrag ein. Es ist keineswegs risikolos, die Informationen an Ehepartner, Familienmitglieder oder eigene Gesellschaften weiterzureichen, wenn diese dann den Kaufvertrag abschließen.
Insbesondere müssen Interessenten damit rechnen, dass:
- die Nutzung von „Strohmannkonstruktionen“ keine sichere Möglichkeit ist, Maklerprovision zu umgehen,
- Verstöße gegen Weitergabeverbote eine Vertragsstrafe auslösen können,
- pauschale und unkonkrete Ausreden vor Gericht regelmäßig nicht ausreichen, um der Zahlungspflicht zu entgehen.
Fazit: Deutliches Signal gegen Provisionsumgehung
Das Urteil des Landgerichts München II sendet ein klares Signal: Makler dürfen sich vertraglich gegen Provisionsumgehungen absichern, und wirksam formulierte Vertragsstrafenklauseln sind im Rahmen der AGB-rechtlichen Grenzen zulässig. Die Entscheidung zeigt zugleich, dass Gerichte die wirtschaftliche Realität ernst nehmen: Wenn eine dem Kunden nahestehende Gesellschaft das Objekt erwirbt und dies auf den vom Makler vermittelten Informationen beruht, kann der Kunde zur Zahlung der vereinbarten Provision verpflichtet sein.
Für Makler bedeutet dies: Sorgfältige Vertragsgestaltung, klare Provisionsklauseln und ein durchdachtes AGB-Konzept zahlen sich aus. Für Käufer gilt: Wer Maklerleistungen in Anspruch nimmt und Exposés erhält, sollte die vertraglichen Pflichten ernst nehmen – die Weitergabe von Unterlagen an Angehörige oder eigene Gesellschaften kann im Ergebnis genauso teuer werden wie ein eigener Erwerb.


