Mobbing am Arbeitsplatz stellt für betroffene Arbeitnehmer eine erhebliche Belastung dar, die nicht nur das Arbeitsklima, sondern auch die psychische und physische Gesundheit beeinträchtigen kann. In bestimmten Fällen kann ein Anspruch auf eine sogenannte „billige Entschädigung in Geld“ gemäß § 253 Abs. 2 BGB bestehen. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch und analysiert die aktuelle Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln vom 10. Juli 2020 (Az.: 4 Sa 118/20).
Rechtlicher Rahmen für Entschädigungsansprüche bei Mobbing
Ein Anspruch auf eine billige Entschädigung in Geld setzt voraus, dass der Arbeitnehmer durch das Mobbing eine Gesundheitsbeschädigung erlitten hat. Gemäß § 253 Abs. 2 BGB kann bei Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden.
Darüber hinaus kann bei einer schwerwiegenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Anspruch auf Schmerzensgeld bestehen, der sich aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG ergibt.
Anforderungen an die Darlegung und den Beweis
Wer mit einer Mobbingklage erfolgreich sein will, der muss diese nicht nur gut vorbereiten, sondern auch hohe Hürden überwinden.
Konkretisierung der Gesundheitsbeeinträchtigung
Der Arbeitnehmer muss detailliert darlegen, wann welcher Arzt welche Erkrankung diagnostiziert hat. Allein der Hinweis auf eine ärztliche Behandlung genügt nicht.
Kausalität zwischen Mobbing und Gesundheitsschaden
Es muss nachgewiesen werden, dass die behaupteten Mobbinghandlungen ursächlich für die Gesundheitsbeeinträchtigung waren. Dies erfordert eine genaue Darstellung der Umstände, unter denen neutral erscheinende Maßnahmen (z. B. Abmahnungen, Kündigungen) zu einer Gesundheitsbeschädigung geführt haben sollen.
Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung
Bei Ansprüchen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts muss die Beeinträchtigung schwerwiegend sein und darf nicht auf andere Weise ausgeglichen werden können.
Analyse des Urteils des LAG Köln vom 10. Juli 2020 (Az.: 4 Sa 118/20)
In dem genannten Fall machte ein Arbeitnehmer eine Entschädigung wegen Mobbings geltend. Er berief sich auf 14 Abmahnungen innerhalb von acht Jahren, eine verhaltensbedingte Kündigung, zwei erfolglose Anhörungsverfahren beim Integrationsamt, einen Entgeltstreit sowie eine Aufforderung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG.
Das LAG Köln wies die Klage ab und führte aus:
Fehlende konkrete Darlegung
Der Kläger konnte nicht konkret darlegen, wann welcher Arzt welche Erkrankung diagnostiziert hatte.
Keine ausreichende Kausalität
Es fehlte an einem Nachweis, dass die genannten Maßnahmen des Arbeitgebers ursächlich für eine Gesundheitsbeeinträchtigung waren.
Keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung
Die Maßnahmen des Arbeitgebers hatten jeweils einen konkreten sachlichen Anlass und stellten weder einzeln noch in der Gesamtschau eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar.
Das Gericht betonte, dass nicht jede als Mobbing empfundene Handlung rechtlich relevant ist und dass objektive Maßstäbe anzulegen sind.
Bedeutung für die Praxis
Nicht alles, was Arbeitnehmer als Mobbing empfinden, wird auch tatsächlich rechtlich als Mobbing eingestuft. Wer sich entschlossen hat, diesen steinigen Weg zu Gericht zu beschreiten, der sollte folgendes beachten:
Sorgfältige Dokumentation
Betroffene Arbeitnehmer sollten alle Vorfälle detailliert dokumentieren und ärztliche Diagnosen genau festhalten.
Rechtzeitige rechtliche Beratung
Eine frühzeitige Konsultation eines im Arbeitsrecht erfahrenen Rechtsanwalts kann helfen, die Erfolgsaussichten eines Anspruchs realistisch einzuschätzen und die notwendigen Beweise zu sichern.
Differenzierung von arbeitsrechtlichen Maßnahmen
Nicht jede arbeitsrechtliche Maßnahme, die als ungerecht empfunden wird, stellt automatisch Mobbing dar. Es ist entscheidend, ob die Maßnahme sachlich gerechtfertigt war und ob sie objektiv geeignet ist, eine Gesundheitsbeeinträchtigung zu verursachen.
Fazit
Ein Anspruch auf eine billige Entschädigung wegen Mobbings setzt eine sorgfältige und detaillierte Darlegung der Gesundheitsbeeinträchtigung sowie deren Kausalität durch das Mobbing voraus. Die Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des LAG Köln vom 10. Juli 2020, zeigt, dass die Anforderungen an die Beweisführung hoch sind. Betroffene sollten daher frühzeitig rechtlichen Rat einholen und alle relevanten Informationen und Beweise systematisch sammeln, um ihre Ansprüche erfolgreich durchsetzen zu können.
Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie bei arbeitsrechtlichen Maßnahmen stets auf eine sachliche und nachvollziehbare Begründung achten sollten, um Vorwürfen des Mobbings vorzubeugen.