Mit Beginn der Adventszeit häufen sich jedes Jahr nicht nur Lichterketten und Weihnachtsmärkte, sondern auch urheberrechtliche Abmahnungen wegen der Nutzung von Weihnachtsliedern. Besonders betroffen sind Unternehmen, Selbstständige, Influencer, Vereine und Gastronomiebetriebe, die in der Vorweihnachtszeit Beiträge auf Instagram, Facebook, TikTok oder anderen sozialen Netzwerken veröffentlichen.
Was viele nicht wissen: Auch scheinbar harmlose Weihnachtsvideos können schnell teuer werden. Forderungen von mehreren tausend Euro sind keine Seltenheit. Dieser Beitrag erklärt, warum es regelmäßig zu solchen Abmahnungen kommt, welche rechtlichen Grundlagen dahinterstehen und wie Betroffene am besten damit umgehen.
Weihnachtslieder sind nicht automatisch „frei nutzbar“
Ein weit verbreiteter Irrtum lautet: „Weihnachtslieder sind doch alt – die kann doch jeder verwenden.“ Das ist so nicht richtig.
Zwar sind manche klassische Weihnachtslieder als Komposition gemeinfrei, wenn der Urheber seit mehr als 70 Jahren verstorben ist (§ 64 UrhG). Das bedeutet aber nicht, dass jede konkrete Aufnahme oder jede moderne Version ebenfalls frei genutzt werden darf.
Worauf es in der Praxis ankommt
In der Praxis sind häufig weiterhin geschützt:
- moderne Arrangements und Bearbeitungen,
- neue Textfassungen,
- konkrete Tonaufnahmen (sogenannte Leistungsschutzrechte),
- bekannte Popsongs mit Weihnachtsbezug (internationale Weihnachtshits).
Wer also ein Weihnachtslied aus einer Musikbibliothek eines sozialen Netzwerks oder aus einer Streamingquelle verwendet, nutzt regelmäßig ein urheberrechtlich geschütztes Werk – und benötigt dafür im Zweifel eine passende Lizenz.
Typischer Inhalt einer Weihnachtslied-Abmahnung
Viele Abmahnschreiben folgen einem ähnlichen Muster. Häufig wird vorgeworfen:
- eine unerlaubte öffentliche Zugänglichmachung eines Musikwerks (§ 19a UrhG),
- die Nutzung über einen gewerblich genutzten Social-Media-Account,
- das Fehlen einer Lizenz für werbliche oder geschäftliche Zwecke,
- teilweise auch eine fehlende Nennung der Urheber (§ 13 UrhG).
Auf dieser Grundlage werden typischerweise geltend gemacht:
- die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung,
- Schadensersatz (häufig nach der „Lizenzanalogie“) (§ 97 Abs. 2 UrhG),
- die Erstattung von Anwalts- und Ermittlungskosten (§ 97a UrhG).
Die Gesamtsummen liegen nicht selten zwischen 2.000 € und 5.000 € – teils auch darüber.
Instagram & Co.: Privat oder geschäftlich – der entscheidende Unterschied
Ein zentraler Streitpunkt ist fast immer die Frage, ob ein Account privat oder geschäftlich genutzt wird. Viele Plattformen stellen Musik zwar zur Verfügung, knüpfen dies jedoch an bestimmte Nutzungsbedingungen. Abmahner argumentieren häufig, die Musikbibliothek dürfe nur im privaten Bereich genutzt werden.
Wann wird ein Beitrag als „werblich“ angesehen?
Problematisch wird es vor allem dann, wenn ein Beitrag aus Sicht der Gegenseite überwiegend dazu dient, den Absatz zu fördern oder das Unternehmen zu bewerben, zum Beispiel durch:
- Produktwerbung oder Preisangaben,
- Hinweise auf Dienstleistungen, Termine oder Angebote,
- „Image-Posts“ mit erkennbarer Marketingabsicht.
Wichtig: Rechtlich kommt es nicht nur auf den Account-Status an, sondern vor allem auf den konkreten Beitrag (Inhalt, Zweck, Reichweite, Dauer). Pauschale Vorwürfe sind daher häufig angreifbar.
Schadensersatz nach „Lizenzanalogie“: Oft pauschal und überhöht
Der verlangte Schadensersatz wird regelmäßig nach der sogenannten Lizenzanalogie berechnet (§ 97 Abs. 2 UrhG). Dabei wird gefragt, welche Lizenzgebühr vernünftige Vertragsparteien für eine solche Nutzung vereinbart hätten.
Warum Forderungen häufig angreifbar sind
In vielen Fällen sind die Beträge jedoch:
- pauschal angesetzt,
- nicht nachvollziehbar begründet,
- ohne Bezug zu Reichweite, Dauer oder tatsächlichem Nutzen.
Gerichte verlangen grundsätzlich eine plausible und nachvollziehbare Herleitung. Deshalb ist eine hohe Pauschalforderung keineswegs automatisch „gesetzt“.
Unterlassungserklärung: Vorsicht vor langfristigen Folgen
Besonders heikel ist die beigefügte Unterlassungserklärung. Wer sie unterschreibt, schließt im Ergebnis einen Vertrag, der meist lebenslang bindet. Bei jedem späteren Verstoß drohen empfindliche Vertragsstrafen – selbst dann, wenn der Verstoß unbeabsichtigt passiert.
Wichtig zu wissen
Betroffene sind in der Regel nicht verpflichtet, die vorformulierte Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Häufig ist eine modifizierte Unterlassungserklärung sinnvoll, die den Streitpunkt absichert, aber nicht unnötig weit gefasst ist. Ziel ist es, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, ohne sich „zu weit“ zu verpflichten.
Einschlägige Rechtsprechung: Was Gerichte grundsätzlich anerkennen
Gerichte haben sich wiederholt mit Abmahnkosten, Ermittlungskosten und Schadensersatz im Urheberrecht beschäftigt. Dabei gilt im Grundsatz:
- Schadensersatz kann nach Lizenzanalogie verlangt werden (§ 97 Abs. 2 UrhG).
- Abmahnkosten können erstattungsfähig sein, wenn die Abmahnung berechtigt und formal ordnungsgemäß ist (§ 97a UrhG).
In der Praxis bleibt aber entscheidend: Es kommt sehr stark auf den Einzelfall an – insbesondere darauf, ob die Nutzung tatsächlich geschäftlich/werblich war und wie die geforderte Summe begründet wird.
So reagieren Betroffene richtig: Die wichtigsten Schritte
Wenn Sie eine Abmahnung wegen eines Weihnachtsliedes erhalten, sollten Sie:
- Ruhe bewahren und Fristen ernst nehmen.
- Nichts vorschnell unterschreiben (insbesondere keine vorformulierte Unterlassungserklärung).
- Keine Zahlung leisten, bevor die Forderung geprüft ist.
- Prüfen lassen, ob es eine Lizenz gab oder ob der Beitrag tatsächlich „werblich“ war.
- Gegebenenfalls eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben und die Zahlungssumme rechtlich verhandeln.
Eine frühzeitige anwaltliche Prüfung kann helfen, Kosten zu reduzieren und Folgerisiken zu vermeiden.
Fazit: Jedes Jahr dasselbe – aber nicht aussichtslos
Urheberrechtliche Abmahnungen wegen Weihnachtsliedern sind ein jährlich wiederkehrendes Thema. Sie wirken oft einschüchternd, sind aber rechtlich nicht unangreifbar. Gerade bei hohen Pauschalbeträgen und pauschalen Behauptungen zur „gewerblichen Nutzung“ lohnt sich eine genaue Prüfung.
Wer besonnen reagiert, Fristen einhält und keine vorschnellen Erklärungen abgibt, kann das finanzielle Risiko in vielen Fällen deutlich begrenzen. Wenn Sie betroffen sind, unterstützen wir Sie gerne dabei, die Abmahnung zu prüfen, die passende Strategie zu wählen und die Angelegenheit möglichst effizient zu lösen.


