Die Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Berufsleben ist ein zentrales Anliegen des deutschen und europäischen Antidiskriminierungsrechts. Trotz gesetzlicher Regelungen bestehen in der Praxis weiterhin Ungleichheiten, insbesondere im Bereich der Entlohnung. Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg (Az. 5 K 2541/23) vom 29. April 2025 verdeutlicht, wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Fällen geschlechtsbezogener Besoldungsdiskriminierung angewendet wird.
I. Sachverhalt
Die Klägerin war vom 18. September 2014 bis zum 17. September 2022 Bürgermeisterin der Gemeinde Todtmoos. Zu Beginn ihrer Amtszeit wurde sie in die Besoldungsgruppe A 14 eingewiesen. Erst ab dem 1. Juli 2018 erfolgte eine Höhergruppierung in A 15. Ihr männlicher Vorgänger war bereits ab 1990 in A 15 eingewiesen, ebenso ihr männlicher Nachfolger ab dem 18. September 2022. Im November 2022 machte die Klägerin gegenüber der Gemeinde Schadensersatz und Entschädigung nach dem AGG geltend. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob sie im August 2023 Klage.
II. Rechtliche Würdigung
1. Anwendbarkeit des AGG im öffentlichen Dienst
Das AGG findet gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG auch auf öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse Anwendung, soweit es um die Bedingungen, einschließlich der Entlohnung, geht. Die Besoldung von Beamten fällt somit grundsätzlich in den Anwendungsbereich des AGG.
2. Indizienbeweis und Beweislastumkehr
Gemäß § 22 AGG genügt es, dass der oder die Betroffene Indizien vorträgt, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Im vorliegenden Fall stellte das Gericht fest, dass die unterschiedliche Besoldung der Klägerin im Vergleich zu ihrem männlichen Vorgänger und Nachfolger ein solches Indiz darstellt. Die Gemeinde konnte keine sachlichen Gründe vorbringen, die diese Ungleichbehandlung rechtfertigten.
3. Schadensersatz und Entschädigung
Nach § 15 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber verpflichtet, den durch die Benachteiligung entstandenen materiellen Schaden zu ersetzen. Zusätzlich kann gemäß § 15 Abs. 2 AGG eine angemessene Entschädigung für den immateriellen Schaden verlangt werden. Das Gericht sprach der Klägerin daher die Differenz der Bezüge zwischen A 14 und A 15 in Höhe von 36.529,75 € sowie eine Entschädigung von 7.000 € zu.
III. Bedeutung des Urteils
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg ist ein bedeutender Schritt zur Durchsetzung des Equal-Pay-Grundsatzes im öffentlichen Dienst. Es zeigt, dass geschlechtsbezogene Diskriminierungen bei der Besoldung nicht nur unzulässig, sondern auch rechtlich angreifbar sind. Zudem verdeutlicht es die Wirksamkeit des AGG als Instrument zur Bekämpfung von Ungleichbehandlungen im öffentlichen Sektor.
IV. Fazit
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg stärkt die Rechte von Frauen im öffentlichen Dienst und setzt ein klares Zeichen gegen geschlechtsbezogene Besoldungsdiskriminierung. Es unterstreicht die Notwendigkeit, bestehende Ungleichheiten aktiv zu hinterfragen und rechtlich zu überprüfen. Für öffentliche Arbeitgeber bedeutet dies, ihre Besoldungspraxis kritisch zu analysieren und sicherzustellen, dass sie den Anforderungen des AGG entsprechen.