Wer heiratet, denkt selten an die wirtschaftlichen Folgen einer Trennung oder eines Todesfalls. Doch gerade bei wesentlichen Vermögenswerten – Immobilien, Unternehmen, Erbschaften – kann ein Ehevertrag eine sinnvolle Gestaltungsmöglichkeit sein. Der folgende Beitrag erläutert den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, zeigt Alternativen auf und hilft Ihnen zu entscheiden, ob ein Ehevertrag in Ihrer Situation empfehlenswert ist.
Gesetzliche Zugewinngemeinschaft
Ohne Ehevertrag leben Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, geregelt in § 1363 BGB. Jeder Ehegatte bleibt Alleineigentümer seines Vermögens. Es findet während der Ehe keine automatische Vermögensverbindung statt. Erst bei Beendigung der Ehe – durch Scheidung oder Tod – erfolgt der Zugewinnausgleich.
Zugewinnausgleich bei Scheidung
Der Zugewinn wird als Differenz zwischen dem Anfangs- und dem Endvermögen jedes Ehegatten berechnet (§ 1373 BGB ff.).
- Anfangsvermögen: Vermögensstand bei Eheschließung
- Endvermögen: Vermögensstand zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags
Der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn muss die Hälfte der Differenz an den anderen abgeben (§ 1378 BGB).
Erbschaften und Schenkungen zählen gemäß § 1374 Abs. 2 BGB zum Anfangsvermögen, deren Wertsteigerung während der Ehe ist jedoch ausgleichspflichtig.
Zugewinnausgleich bei Tod eines Ehegatten
Beim Tod eines Ehegatten erfolgt der Zugewinnausgleich pauschal durch eine Erhöhung der Erbquote um ein Viertel (§ 1371 Abs. 1 BGB).
Wurde vor dem Todesfall bereits ein Scheidungsantrag gestellt, entfällt dieser pauschale Ausgleich (§ 1371 Abs. 2 BGB).
Modifizierte Zugewinngemeinschaft
Bei der modifizierten Zugewinngemeinschaft handelt es sich um eine vertraglich angepasste Form des gesetzlichen Güterstands. Die Eheleute schließen einen notariell zu beurkundenden Ehevertrag (§ 1410 BGB), der einzelne Aspekte der Zugewinngemeinschaft verändert.
Typische Regelungen
- Ausschluss des Zugewinnausgleichs im Fall der Scheidung
- Ausklammerung bestimmter Vermögenswerte
- Begrenzung des Zugewinns auf bestimmte Beträge
Die steuerlichen Vorteile im Todesfall bleiben erhalten (§ 5 ErbStG).
Gütergemeinschaft
Die Gütergemeinschaft ist ein vertraglich gewählter Güterstand gemäß § 1415 BGB. Hierbei verschmelzen die jeweiligen Vermögen der Ehegatten grundsätzlich zu gemeinschaftlichem Vermögen (Gesamtgut).
Bei Scheidung
Die Auseinandersetzung des Gesamtguts erfolgt nach § 1471 BGB. Jeder Ehegatte hat grundsätzlich Anspruch auf die Hälfte des gemeinsamen Vermögens.
Bei Tod
Im Todesfall wird zunächst der Anteil des überlebenden Ehegatten aus dem Gesamtgut berechnet, bevor der Nachlass festgestellt wird. Die konkrete Aufteilung richtet sich nach dem Ehevertrag.
Gütertrennung
Die Gütertrennung kann durch Ehevertrag vereinbart werden (§ 1414 BGB). Hierbei verbleibt das Vermögen vollständig getrennt. Es findet kein Zugewinnausgleich statt – weder bei Scheidung noch bei Tod.
Bei Scheidung
Jeder Ehegatte behält sein gesamtes Vermögen. Es findet kein Vermögensausgleich statt.
Bei Tod
Im Todesfall erfolgt keine Erhöhung der Erbquote. Dies kann zu höheren erbschaftsteuerlichen Belastungen führen, da § 5 ErbStG nicht zur Anwendung kommt.
Vergleich der Güterstände bei Scheidung und Tod
Güterstand | Zugewinnausgleich bei Scheidung |
Regelung im Todesfall |
Steuerliche Vorteile (ErbStG) |
---|---|---|---|
Zugewinngemeinschaft | Zugewinnausgleich nach § 1378 BGB | +¼ Erbquote gem. § 1371 Abs. 1 BGB | Ja, steuerfrei nach § 5 ErbStG |
Modifizierte Zugewinngemeinschaft | Individuell anpassbar (z. B. Ausschluss bei Scheidung) | Pauschaler Zugewinnausgleich kann erhalten bleiben | Ja, bei Erhalt des Zugewinns nach § 5 ErbStG |
Gütergemeinschaft | Aufwändige Auseinandersetzung des Gesamtguts nach § 1471 BGB | Anteil des überlebenden Ehegatten wird vor Nachlass berechnet | Begrenzt – keine pauschale Steuervergünstigung |
Gütertrennung | Kein Zugewinnausgleich (§ 1414 BGB) | Kein pauschaler Erbteil, nur gesetzlicher Anteil | Nein, § 5 ErbStG nicht anwendbar |
Fazit
Ein Ehevertrag ist kein Zeichen von Misstrauen – sondern Ausdruck vorausschauender Verantwortung. Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist für viele Paare geeignet, reicht aber bei komplexeren Vermögensverhältnissen oft nicht aus.
Die modifizierte Zugewinngemeinschaft erlaubt gezielte Anpassungen, ohne steuerliche Nachteile. Die Gütertrennung bietet maximale Eigenständigkeit, kann aber im Todesfall steuerlich nachteilig sein. Die Gütergemeinschaft ist in der Praxis selten und verlangt ein Höchstmaß an Vertrauen und Übersicht.
Lassen Sie sich individuell beraten. Unsere Kanzlei unterstützt Sie bei der rechtssicheren Gestaltung eines Ehevertrags, der Ihre wirtschaftlichen Interessen ebenso berücksichtigt wie familiäre Bedürfnisse.