Ob aus beruflichen, kulturellen oder persönlichen Gründen – immer mehr Menschen möchten ihren Vornamen ändern oder einen zweiten Vornamen hinzufügen. Während Spitznamen und Künstlernamen informell oft etabliert sind, scheitert die offizielle Anerkennung nicht selten an den strengen Anforderungen des deutschen Namensrechts. Doch unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Vornamensänderung oder -ergänzung rechtlich möglich. In diesem Beitrag erklären wir, welche gesetzlichen Grundlagen gelten, wann ein „wichtiger Grund“ vorliegt und welche Rechtsprechung Sie kennen sollten.
Was regelt das deutsche Namensänderungsrecht?
Die rechtlichen Voraussetzungen für die Änderung eines Vornamens ergeben sich aus dem Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndG). Maßgeblich ist § 3 NamÄndG, der die Vornamensänderung an das Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ knüpft. Dabei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde (meist Landratsamt oder Bürgerbüro), die im Einzelfall prüft, ob das persönliche Interesse des Antragstellers an der Änderung das öffentliche Interesse an der Namenskontinuität überwiegt.
Das öffentliche Interesse dient dabei insbesondere der Sicherstellung der Identifizierbarkeit einer Person im Rechtsverkehr und dem Schutz vor willkürlichen oder inflationären Namensänderungen.
Zweiter Vorname: Was bedeutet „Vornamensänderung“?
Nicht jeder Eingriff in den Vornamen ist gleichbedeutend mit einer Änderung im engeren Sinn. In der Praxis sind folgende Fälle zu unterscheiden:
- Ersetzung eines bestehenden Vornamens (z. B. „Marion“ wird zu „Sophie“)
- Streichung eines Vornamens (z. B. „Marion Monika“ wird zu „Marion“)
- Hinzufügung eines weiteren Vornamens (z. B. aus „Marion Müller“ wird „Lisa Marion Müller“)
- Reihenfolgeänderung (z. B. aus „Marion Monika“ wird „Monika Marion“)
Besonders die Hinzufügung eines zweiten Vornamens, der bereits langjährig im Alltag verwendet wird, wird von der Verwaltungspraxis mit mehr Flexibilität beurteilt – vorausgesetzt, der Antragsteller kann einen „wichtigen Grund“ dafür nachweisen.
Was gilt als „wichtiger Grund“?
Ein wichtiger Grund im Sinne des § 3 NamÄndG liegt vor, wenn die Beibehaltung des bisherigen Vornamens für den Antragsteller eine erhebliche Belastung oder unzumutbare Benachteiligung darstellt. In der Rechtspraxis haben sich folgende Konstellationen als besonders relevant herausgebildet:
Langjährige gelebte Namenspraxis
Wer über Jahre hinweg konsequent unter einem anderen Namen (z. B. einem zweiten Vornamen, Künstlernamen oder Rufnamen) auftritt, kann eine offizielle Ergänzung des Vornamens verlangen.
Beispiel: Eine Frau verwendet beruflich und privat ausschließlich den Namen „Lisa“, obwohl im Ausweis nur „Marion“ steht. Die Ergänzung zu „Lisa Marion“ kann die gelebte Identität rechtlich absichern.
Praktische Nachteile im Alltag oder Berufsleben
Probleme bei der Buchung von Reisen, Verwechslungen bei behördlichen Vorgängen oder Abrechnungsproblemen mit Versicherungen und Banken können als Argumente herangezogen werden.
Das VG München (Urt. v. 24.07.2013 – M 7 K 12.1584) erkannte an, dass bei bloßer Ergänzung eines Vornamens das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Namens geringer wiegt.
Berufliche Notwendigkeit und internationale Verständlichkeit
Wer in einem internationalen Umfeld arbeitet und Schwierigkeiten bei der Aussprache seines deutschen Vornamens erlebt, kann daraus ein berechtigtes Änderungsinteresse ableiten.
Das BVerwG (Beschl. v. 13.09.2016 – 6 B 12.16) billigte eine Namensänderung zur Vereinheitlichung mit ausländischen Dokumenten.
Persönlichkeitsrechtliche Gründe
Wenn der bestehende Vorname als nicht zur eigenen Identität gehörig empfunden wird und sich daraus psychische Belastungen oder soziale Schwierigkeiten ergeben, kann eine Änderung gerechtfertigt sein.
Das VG Hannover (Urt. v. 07.12.2017 – 10 A 358/16) entschied zugunsten einer Antragstellerin, die ihren Vornamen aufgrund mangelnder Identifikation und seelischer Belastung ändern wollte.
Was gilt nicht als wichtiger Grund?
Rein ästhetische Wünsche („Mein Name klingt altmodisch“), bloße Namensvorlieben oder der Wunsch, Verwechslungen mit anderen Personen zu vermeiden, reichen für sich genommen nicht aus. Auch der Wunsch nach einem internationaleren oder selteneren Namen ohne konkrete Beeinträchtigung im Alltag wird regelmäßig abgelehnt.
Was ist bei der Antragstellung zu beachten?
Der Antrag auf Vornamensänderung ist schriftlich bei der zuständigen Verwaltungsbehörde zu stellen. Folgende Unterlagen sind typischerweise beizufügen:
- Ausführliche Begründung des Antrags, idealerweise mit Nachweisen (z. B. E-Mails, Verträge, Veröffentlichungen)
- Kopie des Personalausweises
- Nachweise über berufliche Nutzung oder gelebte Praxis (z. B. Konferenzeinladungen, Gemeindebriefe, Publikationen)
- Stellungnahmen von Dritten (z. B. Arbeitgeber, Kollegen, kirchliche Einrichtungen)
Die Gebühren für eine Vornamensänderung liegen in der Regel zwischen 30 € und 255 €, je nach Verwaltungsaufwand und Bedeutung der Änderung.
Fazit: Guter Grund, gute Chancen
Eine Vornamensänderung ist in Deutschland kein Akt der bloßen Willkür, sondern setzt das Vorliegen eines gewichtigen Grundes voraus. Wer allerdings nachvollziehbar darlegen kann, dass sein gelebter Name nicht mit dem amtlichen Vornamen übereinstimmt – und dies zu echten Nachteilen oder Identitätskonflikten führt –, hat realistische Chancen, zumindest die Hinzufügung eines zweiten Vornamens durchzusetzen.
Gerade in Zeiten zunehmender internationaler Mobilität und vielfältiger beruflicher Rollen sollte der Gesetzgeber mittelfristig über eine Liberalisierung des Namensrechts nachdenken. Bis dahin bleibt entscheidend, den Antrag gut zu begründen – idealerweise mit anwaltlicher Unterstützung.
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