Die Frage, ob die „Letzte Generation“, eine Gruppe von Klimaaktivisten, als kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 StGB zu bewerten ist, wirft komplexe rechtliche und gesellschaftliche Fragen auf. Dieser Artikel untersucht die jüngsten Entscheidungen des Landgerichts München I zu diesem Thema und beleuchtet die relevanten rechtlichen Aspekte.
Entscheidung des Landgerichts München I
Am 16. November 2023 wies die 2. Strafkammer des Landgerichts München I (Staatsschutzkammer) zehn Beschwerden gegen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Mitglieder der „Letzten Generation“ als unbegründet zurück und gab einer Beschwerde teilweise statt. Diese Entscheidung ist bedeutsam, da sie die Frage aufwirft, inwiefern die Aktivitäten der „Letzten Generation“ unter den Begriff der kriminellen Vereinigung fallen.
Rechtlicher Hintergrund
Gemäß § 129 StGB wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung dann als strafbar erachtet, wenn sich mehrere Personen zusammenschließen, um Straftaten zu begehen. Das Landgericht München I stellte fest, dass die „Letzte Generation“ die Kriterien einer Vereinigung erfüllt, da sie sich aus mehreren hundert Personen zusammensetzt, die ein gemeinsames Interesse – die Durchsetzung klimapolitischer Forderungen durch zivilen Ungehorsam – verfolgen.
Bewertung der Aktivitäten der „Letzten Generation“
Die Kammer betonte, dass der Zweck und die Tätigkeit der „Letzten Generation“ auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet seien. Es wurde hervorgehoben, dass für die Einstufung als kriminelle Vereinigung nicht erforderlich ist, dass die Begehung von Straftaten der Hauptzweck der Vereinigung sein muss. Vielmehr reicht es aus, wenn dies einer von mehreren Zwecken ist. In diesem Fall wird das Erscheinungsbild der „Letzten Generation“ durch Aktionen wie Nötigungen von Verkehrsteilnehmern und Sachbeschädigungen geprägt.
Gesellschaftliche und rechtliche Konsequenzen
Die Entscheidungen des Gerichts sind auch aus gesellschaftlicher Sicht von Bedeutung. Sie betonen, dass Straftaten kein Mittel der freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Diskussion sind und heben die Notwendigkeit hervor, den gesellschaftlichen Diskurs innerhalb der Grenzen des Rechtsstaates zu führen. Das Gericht wies darauf hin, dass moralische Argumente keine Strafbarkeit begründen oder negieren können, was die Bedeutung des Rechtsstaatsprinzips unterstreicht.
Fazit
Die Entscheidung des Landgerichts München I markiert einen wichtigen Wendepunkt in der Bewertung der Aktivitäten von Klimaaktivistengruppen wie der „Letzten Generation“. Sie zeigt, dass der rechtsstaatliche Rahmen auch bei der Verfolgung von politischen oder gesellschaftlichen Zielen eingehalten werden muss. Die Einstufung der „Letzten Generation“ als potenziell kriminelle Vereinigung unterstreicht die Notwendigkeit, dass Aktivismus und politisches Engagement die Grenzen des Gesetzes respektieren müssen, um ihre Legitimität und Wirksamkeit zu bewahren.