Die Barkaution ist kein „Vorschuss“ für den Vermieter. Sie ist zweckgebundenes Fremdgeld des Mieters und soll Ansprüche des Vermieters lediglich sichern. Deshalb verlangt das Gesetz eine insolvenzfeste, vom Vermögensbereich des Vermieters getrennte Anlage – typischerweise als offen ausgewiesenes Mietkautions-Sonderkonto mit Verzinsung zum Satz für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist. So ist sichergestellt, dass die Kaution nicht in einer Vermieter-Insolvenz verloren geht. Rechtsgrundlage ist § 551 Abs. 3 BGB.
Gesetzliche Mindeststandards nach § 551 Abs. 3 BGB
Damit die Anlage den Schutzweck erfüllt, müssen alle folgenden Punkte vorliegen:
- Bankanlage: Die Sicherheit ist „bei einem Kreditinstitut“ anzulegen (§ 551 Abs. 3 BGB).
- Vermögenstrennung: Die Anlage muss „vom Vermögen des Vermieters getrennt“ geführt werden (Sonderkonto/Treuhand; § 551 Abs. 3 BGB).
- Zinsbindung: Verzinsung „zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz“ (§ 551 Abs. 3 BGB).
Diese drei Elemente sind keine Förmelei, sondern zwingende Voraussetzungen.
Was die Rechtsprechung verlangt: Offenes Sonderkonto statt „versteckter“ Sparkontenlösung
Die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt eine nach außen erkennbare Anlage auf einem offen bezeichneten Mietkautions-Sonderkonto. Nur so wird ein Bankpfandrecht und damit ein Gläubigerzugriff wirksam ausgeschlossen. Ein gewöhnliches Sparkonto ohne Sonderkennzeichnung genügt dem Schutzzweck des § 551 Abs. 3 BGB
nicht (ständige BGH-Rechtsprechung; u. a. Beschl. v. 09.06.2015 – VIII ZR 324/14).
Weitere Leitlinien der Rechtsprechung
- Zwangsverwaltung: Auch ein Zwangsverwalter muss eine Barkaution insolvenzfest anlegen; der Mieter kann die ordnungsgemäße Anlage verlangen (BGH, Urt. v. 11.03.2009 – VIII ZR 184/08).
- Zurückbehaltungsrecht: Verweigert der Vermieter den Nachweis, kann der Mieter die Miete bis zur Höhe der Kaution (zzgl. Zinsen) zurückbehalten (BGH, Urt. v. 23.09.2009 – VIII ZR 336/08).
- Kein Zugriff während des Mietverhältnisses: Die Kaution bleibt Sicherungsmittel bis zur ordnungsgemäßen Abrechnung; ein „Verbrauch“ während der Mietzeit ist unzulässig (BGH, Urt. v. 07.05.2014 – VIII ZR 234/13).
Was gilt als tauglicher Nachweis?
Pauschale Bestätigungen („Kaution vorhanden“) oder interne Hausverwaltungs-Ausdrucke reichen nicht aus. Erforderlich ist eine bankseitige Bestätigung, aus der eindeutig hervorgeht:
- Kreditinstitut, Kontotyp (offen als „Mietkautionskonto“/Sonderkonto bezeichnet) und Kontonummer/IBAN,
- Kontoinhaber/Treuhandvermerk (z. B. „Vermieterin als Treuhänderin für [Mietername] – Mietkautionskonto“),
- Trennung vom Vermögensbereich des Vermieters (keine Verpfändung, kein Bankpfandrecht) gemäß § 551 Abs. 3 BGB,
- Zinsmodalität (Spareinlage mit dreimonatiger Kündigungsfrist i. S. v. § 551 Abs. 3 BGB),
- Objektbezug (Adresse und eindeutige Wohnungskennung wie im Mietvertrag).
Typische Fehler in der Praxis – und warum sie riskant sind
- Falscher Eigentümer oder falscher Objektbezug in Bestätigungen (abweichende Gesellschaft, andere Wohnungsnummer) – die eindeutige Zuordnung zur konkreten Mietsache ist dann nicht gesichert.
- Sammelkonten ohne Offenlegung – erhöhen das Risiko des Bankpfandrechts und eines fehlenden Aussonderungsrechts.
- Schlichte E-Mails ohne Sonderkontovermerk/Zinsangabe – genügen nicht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 BGB.
Rechte des Mieters bei unklarem oder fehlendem Nachweis
Mieter, die die Kaution bereits bezahlt haben, sind nicht rechtlos:
Auskunfts- und Vorlageverlangen
Der Mieter darf Benennung von Bank, Konto und Kontotyp verlangen – abgeleitet aus dem Schutzzweck des § 551 Abs. 3 BGB.
Zurückbehaltungsrecht
Bis zur Höhe der Kaution (inkl. Zinsen) darf die Miete zurückbehalten werden, solange der gesetzeskonforme Nachweis nicht geführt ist; das stützt sich mittelbar auf den Sicherungszweck des
§ 551 Abs. 3 BGB und gefestigte Rechtsprechung.
Leistungsklage auf ordnungsgemäße Anlage
Die Pflicht zur getrennten Anlage ist eine vertragliche Nebenpflicht; ihre Erfüllung kann gerichtlich durchgesetzt werden (BGH, VIII ZR 184/08). Maßstab bleibt § 551 Abs. 3 BGB.
Zug-um-Zug-Lösung
Die Zahlung (bzw. weitere Zurückhaltung) der Barkaution kann an die Benennung eines insolvenzfesten Sonderkontos geknüpft werden, um den Schutzzweck des
§ 551 Abs. 3 BGB zu wahren.
Praxisbeispiel: Wie eine korrekte Bankbestätigung aussieht
Bestätigung Mietkaution (Sonderkonto)
Wir bestätigen, dass für das Mietverhältnis [Mietername], [Objekt/Whg.-Nr.] bei uns ein offen als Mietkautions-Sonderkonto geführtes Konto mit der IBAN [Nummer] besteht.
Das Konto wird getrennt vom Vermögen der Vermieterin verwahrt; ein Pfand- oder Aufrechnungsrecht der Bank besteht nicht.
Die Anlage erfolgt als Spareinlage mit dreimonatiger Kündigungsfrist; die Zinserträge stehen dem Mieter zu (§ 551 Abs. 3 BGB).
[Ort, Datum, Bank, Unterschrift]
Sonderfragen: Gewerbe, Zwangsverwaltung, Vertragsende
- Gewerberaum: Der Wortlaut des § 551 BGB gilt unmittelbar für Wohnraummiete; im Gewerberaum ist die treuhänderische Anlage regelmäßig vertraglich zu regeln, die Grundsätze zur Vermögenstrennung werden aber als Leitbild herangezogen.
- Zwangsverwaltung: Auch der Zwangsverwalter hat die Kaution den Vorgaben des
§ 551 Abs. 3 BGB entsprechend anzulegen; der Mieter kann das verlangen. - Nach Mietende: Die Pflicht zur getrennten Anlage endet erst mit der Rückzahlung; bis dahin wirkt der Schutz des § 551 Abs. 3 BGB.
Checkliste für Mieter und Vermieter
- Stimmt die im Nachweis genannte Vermietergesellschaft mit dem Mietvertrag überein?
- Ist die Wohnungskennung (z. B. „1.2.1“ statt „Nr. 11“) identisch mit dem Mietvertrag?
- Liegt eine schriftliche Bankbestätigung mit Hinweis auf Sonderkonto, Vermögenstrennung, Zinsmodalität und Objektbezug vor (§ 551 Abs. 3 BGB)?
- Fehlt der Nachweis: Zurückbehaltungsrecht an der Miete (bis Kautionshöhe) prüfen und ggf. Anlage einklagen.
Fazit
Die treuhänderische Anlage der Mietkaution ist keine Formalie, sondern gesetzliche Pflicht. Nur ein offen geführtes Mietkautions-Sonderkonto, das vom Vermögen des Vermieters getrennt verwaltet wird, erfüllt den Schutzzweck des § 551 Abs. 3 BGB. Pauschale Erklärungen oder interne Verwaltungsunterlagen genügen nicht. Erst eine eindeutige Bankbestätigung mit Treuhandvermerk, Zinsangabe und klarer Objektzuordnung ist tauglicher Nachweis. Bleibt dieser aus, kann der Mieter die Miete in Höhe der Kaution zurückbehalten und die ordnungsgemäße Anlage gerichtlich durchsetzen. So bleibt die Mietkaution, was sie sein soll: ein sicheres Sicherungsmittel – und kein Risiko im Insolvenzfall des Vermieters.