Die Entscheidung des Landgerichts Frankenthal vom 15. April 2025 (Az. 8 O 214/24) hat weitreichende Auswirkungen auf das Handwerk. Ein Gartenbauer verlor seinen Anspruch auf Werklohn in Höhe von knapp 19.000 Euro, weil er den Verbraucher nicht über dessen Widerrufsrecht belehrt hatte. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen.
I. Sachverhalt
Im April 2024 beauftragte ein Gartenbesitzer im Landkreis Bad Dürkheim einen Gartenbauer mit umfangreichen Arbeiten an seinem verwilderten Grundstück. Die Beauftragung erfolgte vor Ort, also außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers. Nach Abschluss der Arbeiten stellte der Gartenbauer eine Rechnung über knapp 19.000 Euro. Es kam zum Streit über den vereinbarten Stundensatz und die Prüffähigkeit der Rechnung. Im September 2024 widerrief der Gartenbesitzer den Vertrag.
II. Rechtliche Würdigung
1. Anwendbarkeit des Widerrufsrechts
Gemäß § 312g Abs. 1 BGB steht Verbrauchern bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht zu. Ein solcher Vertrag liegt vor, wenn der Unternehmer den Verbraucher außerhalb seiner Geschäftsräume bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit anspricht und es unter diesen Umständen zum Vertragsschluss kommt (§ 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB). Im vorliegenden Fall wurde der Vertrag vor Ort beim Verbraucher geschlossen, sodass die Voraussetzungen erfüllt sind.
2. Beginn und Dauer der Widerrufsfrist
Die Widerrufsfrist beträgt grundsätzlich 14 Tage ab Vertragsschluss (§ 355 Abs. 2 BGB). Diese Frist beginnt jedoch nur, wenn der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat (§ 356 Abs. 3 Satz 1 BGB). Im vorliegenden Fall unterließ der Gartenbauer die Belehrung, sodass die Frist nicht zu laufen begann. Es gilt eine Höchstfrist von einem Jahr und 14 Tagen ab Vertragsschluss (§ 356 Abs. 3 Satz 2 BGB), innerhalb derer der Verbraucher den Widerruf erklären kann. Der Widerruf im September 2024 lag innerhalb dieser Frist.
3. Folgen des Widerrufs
Durch den wirksamen Widerruf wird der Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Verbraucher ist nicht mehr zur Zahlung verpflichtet, und der Unternehmer hat keinen Anspruch auf Werklohn. Auch ein Anspruch auf Wertersatz besteht nicht, wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt hat (§ 357 Abs. 8 BGB). Dies entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der in seinem Urteil vom 17. Mai 2023 (C-97/22) entschieden hat, dass bei fehlender Belehrung kein Anspruch auf Wertersatz besteht.
III. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung des LG Frankenthal verdeutlicht die erheblichen Risiken für Handwerker, die Verbraucher nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehren. Selbst bei vollständig und mangelfrei erbrachter Leistung kann der Anspruch auf Werklohn entfallen. Handwerksbetriebe sollten daher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen stets eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilen und den Erhalt dokumentieren. Zudem sollten sie mit der Ausführung der Arbeiten erst nach Ablauf der Widerrufsfrist oder nach ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers beginnen.
IV. Fazit
Das Urteil des LG Frankenthal stellt klar, dass die unterlassene Widerrufsbelehrung erhebliche finanzielle Konsequenzen für Handwerker haben kann. Die Entscheidung betont die Bedeutung der Verbraucherrechte und die Pflicht der Unternehmer zur ordnungsgemäßen Belehrung. Handwerksbetriebe sollten ihre Vertragsprozesse überprüfen und sicherstellen, dass sie den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, um finanzielle Verluste zu vermeiden.
Hinweis: Das Urteil des LG Frankenthal ist noch nicht rechtskräftig. Es wurde Berufung zum Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken eingelegt.