Herbstzeit ist Gartenzeit. Hobbygärtner und professionelle Gärtner haben jetzt alle Hände voll damit zu tun den Garten winterfest zu machen. Herbstzeit ist aber auch eine Zeit, in der oft die Emotionen zwischen Nachbarn zu unschönen Rechtsstreitigkeiten führen, weil der Grenzbewuchs des einen manchmal die Toleranz des anderen deutlich übersteigt. Wir geben Ihnen nachfolgend einen kurzen Überblick über die Rechtslage am Gartenzaun, damit Sie wissen, wozu Sie verpflichtet sind oder aber was Sie verlangen können.
1. Überhang
Hängen Zweige über die Grundstücksgrenze oder sind Wurzeln ins nachbarliche Grundstück eingedrungen, dann spricht man von einem sog. Überhang. Die Regelungen hierzu sind bundeseinheitlich im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt.
Bevor Sie selbst zur Heckenschere oder zum Spaten greifen, sollten Sie zunächst § 910 BGB als maßgebliche Vorschrift lesen. Diese hat folgenden Wortlaut:
§ 910 Überhang
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.
Daraus folgt, zunächst, dass dann, wenn Sie der Überhang stört, Sie nicht sofort selbst handwerklich aktiv werden dürfen, sondern Sie bei überhängenden Zweigen dem Nachbarn zunächst eine angemessene Frist setzen müssen selbst den Rückschnitt vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Damit Sie wiederum einen Anspruch auf Rückschnitt haben ist allerdings unabdingbar, dass durch den Überhang das eigene Grundstück beeinträchtigt ist. Ansonsten ist der Überhang zu dulden. Eine solche Beeinträchtigung liegt beispielsweise dann vor, wenn die Nutzung ihres Grundstücks durch Überhang beeinträchtigt wird, weil beispielsweise durch den Überhang eine Verschattung eintritt und deshalb der Rasen nicht wächst. Vielleicht aber möchten Sie auch an der Stelle des Überhangs eine Gartenschaukel aufstellen, die nun aufgrund des Überhangs nicht aufgestellt werden kann? Auch dann läge wohl eine Beeinträchtigung vor.
Das Procedere würde so ablaufen, dass grundsätzlich dem Nachbarn eine Frist gesetzt wird, innerhalb derer er zurückschneiden muss. Erst danach darf man selbst zur Heckenschere greifen oder aber ein Unternehmen beauftragen, das den Rückschnitt vornimmt und dann die Kosten dafür dem Nachbarn in Rechnung stellen.
Wichtig ist, dass der Rückschnitt nur auf Ihrer Grundstückseite stattfindet. Sie dürfen also nicht über die Grenze greifen und dort abschneiden. Alles was auf dem Grundstück des Nachbarn ist, ist grundsätzlich, es sei denn dieser hat zugestimmt, tabu.
Bevor Sie vor Gericht gehen können, ist regelmäßig eine Güteverhandlung vor einer Schlichtungsstelle obligatorisch. Wird dies versäumt, dann wäre eine Klage unzulässig. Die „Lästigkeit“ eines solchen Güteverfahrens lässt sich dadurch umgehen, indem man nicht den Rückschnitt von Nachbarn verlangt, sondern in Vorleistung geht. Werden nur die Gärtnerkosten geltend gemacht, dann entfällt das Schlichtungsverfahren.
2. Höhe der Grenzbepflanzung
Ein zweiter Streitpunkt zwischen Nachbarn ist oft die Höhe der Grenzbepflanzung. Regelungen hierzu finden sich im jeweiligen Landesrecht. Meist entsteht Streit dadurch, dass Pflanzen, die nicht einen Mindestabstand von 2 m von der Grundstücksgrenze einhalten, und deshalb maximal 2 m hoch sein dürfen, oft deutlich höher gehalten werden. In Bayern finden sich hierzu Regelungen in Art. 47 ff. AGBGB.
Wer hier als Nachbar zu lange tolerant ist oder aber ein Grundstück erworben hat, bei dem die Grenzbepflanzung schon länger steht, hat allerdings meistens das Nachsehen, denn der Anspruch verjährt nach Art. 52 AGBGB innerhalb von 5 Jahren. Ist Verjährung eingetreten, dann ist der Anspruch nicht mehr durchsetzbar. Es liegt also dann am Goodwill des Nachbarn, ob er bereit ist zurückzuschneiden.
Anmerkung:
Streit an der Grundstücksgrenze ist oft eine sehr emotionale Angelegenheit. Losgelöst vom Recht sollten Sie dabei stets bedenken, dass Sie als Eigentümer meist langfristig mit dem Nachbarn zusammenleben müssen. Ist hier das Verhältnis vergiftet, dann kann dies schnell die Freude am eigenen Grundstück trüben. Von daher ist es meist gut investiertes Geld, jenseits des geltenden Rechts mit dem Nachbarn gemeinsam eine Lösung zu suchen und zu finden, mit der beide Seiten leben können. Wenn Sie also der Grenzbewuchs stört und Ihr Nachbar partout möchte, dass Sie sich an den Kosten des Rückschnitts beteiligen, dann sollten Sie nicht auf Ihrem Recht beharren, sondern Kosten und Nutzen abwägen. Sie müssen insoweit auch stets bedenken, dass ein Rechtsstreit nicht nur Zeit und Geld kostet, sondern auch der Ausgang in den wenigsten Fällen 100-prozentig prognostiziert werden kann. Richter und Richterinnen sind durchaus in der Lage, je nach persönlichem Rechtsempfinden, Urteile in die eine oder andere Richtung zu begründen.
Wollen Sie Streit für die Zukunft vermeiden, dann kann es auch hilfreich sein, mit dem Nachbarn eine Vereinbarung darüber zu treffen, wann und wie oft die Hecke zu schneiden ist.
Apropos Gerichtsverfahren: Die gesetzlichen Gebühren bemessen sich dabei regelmäßig nach den Kosten des Rückschnitts und nicht etwa nach einer Beeinträchtigung des Grundstücks. Wir hatten insoweit letztes Jahr einen absurden Fall betreut, in dem die gegnerischen Anwälte den Streitwert für einen Heckenrückschnitt mit über 50.000 € angesetzt hatten. Die Klage war dementsprechend nicht, wo sie für gewöhnlich landet, beim Amtsgericht, sondern beim Landgericht eingereicht worden. Die Anwälte hatten dabei damit argumentiert, dass nicht die Kosten des Rückschnitts, sondern die Wertminderung des Grundstücks, die durch eine „Verschattung“ verursacht wird, für die Wertbemessung heranzuziehen sei und dies sei bei der Lage des Grundstücks, einem Villenviertel in Gräfelfing bei München, deutlich mehr als 50.000 €… Hier stand offensichtlich nicht das Interesse des Auftraggebers, sondern das Gebühreninteresse der Anwälte im Vordergrund. Das Landgericht ist dann unsere Argumentation gefolgt und hat den Rechtsstreit an das Amtsgericht verwiesen. Dort hatten wir uns dann mit einer Kostenquote von 1/10 zu 9/10 verglichen, so dass die Gegenseite 9/10 Verfahrenskosten zu tragen hatte….