Robert (Name geändert) ist Ende fünfzig, erfolgreicher Unternehmer, und will sich endlich einen lang gehegten Traum erfüllen: einen Porsche. Mitten in seiner Midlife-Crisis erreicht ihn eine scheinbar offizielle E-Mail der Porsche AG. Darin wird ein „Sonderposten Leasingsrückläufer“ mit 30 % Preisnachlass angepriesen – limitiert und exklusiv. Robert bleibt zunächst vorsichtig und ruft die in der E-Mail genannte Telefonnummer an. Am anderen Ende meldet sich eine freundliche Stimme „aus der Zentrale“, sendet ihm professionell gestaltete PDFs mit Logo und „Rückläuferliste“ und erklärt den großen Preisnachlass, für Robert plausibel, damit, dass es augenblicklich so viele Rückläufer gibt, dass nicht genügend Stellplätze vorhanden sein. Alles wirkt echt. In freudiger Erwartung eines einmaligen Schnäppchens überweist Robert 60.000 € Anzahlung, damit alsbald das Fahrzeug seiner Träume, ein 911er, geliefert wird. Der Haken an der Sache: der Wagen kommt nie. Die „zuständige Abteilung“ entpuppt sich als raffinierte Betrügerbande – und Robert ist um 60.000 € erleichtert.
So funktioniert die Betrugsmasche
Täuschend echte „Werbematerialien“
Die Täter verschicken E-Mails, die seriös und markenkonform aussehen: Corporate-Design, korrekte Typo, scheinbar echte Ansprechpartner. PDF-„Kataloge“ mit Fahrzeugspezifikation und angeblichen Leasing-Rückläufernummern geben dem Ganzen den Anschein eines internen Abverkaufs.
Telefonische Glaubwürdigkeitsbrücke
Um Vertrauen aufzubauen, bleibt es nicht bei E-Mails. Die Täter telefonieren, verwenden Fachbegriffe, erläutern „interne Prozesse“, verweisen auf „begrenzte Kontingente“. Das persönliche Gespräch ist oft der entscheidende Trigger, der letzte Rest Skepsis fällt.
Unwiderstehlicher Preisanker
Der Köder ist ein (vermeintlich) plausibler 30 %-Nachlass auf „Leasingsrückläufer“ – gerade so hoch, dass er sensationell wirkt, aber noch glaubhaft erscheint. Dazu kommen Fristen („nur bis Freitag“) und künstliche Verknappung („nur noch zwei Fahrzeuge“).
Vorauszahlung als Falltür
Unverzichtbar ist die Vorkasse: „Reservierungsgebühr“, „Transportpauschale“, „Sicherheitsleistung“. Sobald das Geld fließt, werden Kommunikation und „Logistik“ nebulös – bis der Kontakt abreißt. Das beworbene Fahrzeug existiert nicht.
Warnsignale – worauf Sie achten sollten
- Außergewöhnliche Rabatte auf Premium-Fahrzeuge (z. B. 30 % bei aktuellen Modellen) sind in echten Herstellerabverkäufen höchst selten.
- Kommunikation über fremde Domains/Nummern; prüfen Sie Impressum, Domaininhaber, Rückrufnummern und offizielle Kontaktseiten des Herstellers.
- Keine Besichtigung/Probefahrt möglich oder „Fahrzeug steht im Ausland“ – klassische rote Flagge.
- Vorkasse ohne schlüssigen Vertrag oder ohne sichere Treuhand-/Escrow-Lösung.
- PDFs/Dokumente ohne überprüfbare Referenzen (z. B. interne Nummern, die bei Rückfrage beim offiziellen Händler nicht verifiziert werden können).
Rechtlicher Rahmen (Auszug)
Strafrechtlich steht im Zentrum der Betrug nach § 263 StGB. Wer durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtum erregt, eine Vermögensverfügung herbeiführt und dadurch einen Vermögensschaden verursacht, erfüllt den Tatbestand des § 263 StGB. Werden gefälschte Unterlagen eingesetzt, kann zusätzlich § 267 StGB (Urkundenfälschung) einschlägig sein. Nutzen die Täter Markenkennzeichen (Logos/Bezeichnungen) unbefugt, kommen zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nach § 14 MarkenG in Betracht; die unberechtigte Markennutzung stützt daneben die Täuschungsqualität des § 263 StGB.
Zivilrechtlich geht es für Geschädigte um Rückabwicklung und Ersatzansprüche, insbesondere aus Delikt und culpa in contrahendo (c.i.c.). Zentral ist die lückenlose Beweissicherung zur Durchsetzung von Rückzahlungs- und Schadensersatzansprüchen; parallel ist die schnelle strafrechtliche Verfolgung wegen § 263 StGB und ggf. § 267 StGB zu initiieren.
Was Betroffene konkret tun sollten
- Sofort Zahlungsstopp: Keine weiteren Überweisungen leisten. Bei jüngster Überweisung umgehend die Bank zwecks möglicher Rückholung kontaktieren.
- Beweise sichern: E-Mails (inkl. Kopfzeilen), PDFs, Telefonnummern, Chat-Protokolle, Zahlungsbelege, Screenshots, Notizen zu Telefonaten.
- Anzeige erstatten: Umgehend Strafanzeige wegen § 263 StGB (ggf. zusätzlich § 267 StGB) erstatten; Aktenzeichen dokumentieren.
- Hersteller/Händler verifizieren lassen: Angebotsunterlagen über offizielle Kanäle gegenprüfen; unberechtigte Markennutzung kann zivilrechtlich über § 14 MarkenG verfolgt werden.
- Rechtsberatung einholen: Zivilrechtliche Schritte zur Rückforderung und Sicherung etwaiger Ansprüche prüfen; Koordination mit Ermittlungsbehörden.
Praxisnahe Präventionstipps
- Offizielle Kontaktwege nutzen: Telefonnummern/Web-Adressen ausschließlich über die offizielle Hersteller-Website recherchieren; niemals Rückrufe an Nummern aus ungesicherten E-Mails.
- Besichtigung vor Zahlung: Kein Geld ohne reale Besichtigung, VIN-Abgleich und Einsicht in Originalunterlagen.
- Treuhand/ESCROW: Bei höheren Summen nur mit sicherer, unabhängiger Treuhandabwicklung zahlen.
- Plausibilitätscheck: Marktpreise vergleichen; 30 % „Werksrabatt“ auf aktuelle Premium-Modelle sind regelmäßig unplausibel.
Fazit
Roberts Geschichte zeigt, wie professionell Betrüger heute vorgehen: markenkonforme E-Mails, glaubhafte Telefonate, „interne“ Rückläuferlisten und druckvolle Fristen – all das schafft eine Illusion von Seriosität. Rechtlich ist das klassischer Betrug nach § 263 StGB, häufig flankiert von Urkundenfälschung nach § 267 StGB und unbefugter Markennutzung, die über § 14 MarkenG sanktioniert werden kann. Für Betroffene zählt Tempo: Zahlungen stoppen, Beweise sichern, Strafanzeige erstatten, Rückholung prüfen und zivilrechtliche Schritte vorbereiten.
Unser Rat: Misstrauen ist beim „Schnäppchen“ der beste Schutz. Ob Robert sein Geld je wiederkommt bleibt abzuwarten. Hoffen lässt, dass ihm die Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich mitgeteilt hat, dass Gelder auf einem Konto eingefroren worden sind. Wie viele Opfer es gibt, und ob das Geld ausreicht auch Robert zu entschädigen, bleibt abzuwarten. Robert nahm es am Ende sportlich: anstatt zu lamentieren und sich zu grämen, fuhr er zum nächsten Porschehändler und hat sich diesmal persönlich seinen 911er angesehen und abgeholt… Der Verlust der 60.000 € ist für ihn zwar ärgerlich, mehr aber auch nicht…