Im Arbeitsrecht gibt es häufig Zusatzfunktionen: Ein Arbeitnehmer wird zusätzlich zu seiner bisherigen Tätigkeit mit neuen Aufgaben betraut – etwa als „Teamleiter/in“, „Supervisor“, „Qualitätsbeauftragte/r“ etc. Häufig wird eine solche Zusatzfunktion mit einer Widerrufsklausel versehen – der Arbeitgeber behält sich vor, diese Zusatzfunktion oder Funktionserfüllung zurückzunehmen. Doch wann handelt es sich nicht bloß um eine Zusatzfunktion mit Widerrufbarkeit, sondern um eine Beförderung, die unwiderruflich geworden ist?
Diese Frage ist derzeit von erheblicher praktischer Bedeutung, u.a. im Hinblick auf den Änderungskündigungsschutz sowie auf das Verbot, vertragliche Regelungen durch Widerruf so zu gestalten, dass Schutzgesetze umgangen werden. Eine aktuelle und richtungsweisende Entscheidung hierzu stammt vom Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf vom 14. Mai 2025, Az. 12 SLa 37/25.
Der Fall
Ein Arbeitnehmer im Bereich der Luftsicherheit wurde nach Probezeit zum „Supervisor“ befördert. Die entsprechende Zusatzvereinbarung enthielt eine Zulage sowie eine Widerrufsklausel. Der Arbeitgeber widerrief später die Funktion. Der Arbeitnehmer klagte dagegen – mit Erfolg.
Entscheidung des LAG
Das LAG Düsseldorf entschied, dass die Klausel gegen § 308 Nr. 4 BGB und § 307 Abs. 1 BGB verstößt und somit unwirksam ist. Die Funktion war keine bloße Zusatzaufgabe, sondern stellte eine Beförderung dar, die dem Kernbereich der arbeitsvertraglichen Hauptpflichten zuzurechnen ist.
Entscheidend war nicht die Höhe der Zulage (nur 12 %), sondern die Art der übertragenen Aufgaben: Weisungsbefugnisse, Verantwortung für Arbeitsschutz gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG, Kontrolle über Arbeitszeitvorschriften und die Pflicht zur Gefahrenabwehr.
Kriterien für eine unwiderrufliche Beförderung
- Dauerhafte Übertragung: Keine zeitliche Begrenzung oder nur noch formaler Widerrufsvorbehalt.
- Verantwortungsbereich: Weisungsrecht, Sicherheits- und Organisationsverantwortung nach § 13 ArbSchG.
- Führungsstruktur: Abhebung vom Kollegenkreis durch Vorgesetztenfunktion.
- Vergütung: Auch niedrige Zulagen können ausreichen, wenn Verantwortung und Kompetenzen überwiegen.
- AGB-Kontrolle: Eine Klausel, die dem Arbeitgeber eine solche Funktion willkürlich entziehen lässt, verstößt gegen § 307 und § 308 Nr. 4 BGB.
Relevanz für die Praxis
Die Entscheidung ist sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer von großer praktischer Relevanz.
Für Arbeitgeber
Widerrufsklauseln dürfen nicht zur Umgehung des Änderungskündigungsschutzes verwendet werden. Wer dauerhaft Führungsverantwortung überträgt, kann sich nicht ohne weiteres wieder davon lösen. Das LAG betont, dass die Widerrufbarkeit klar formuliert und auf Ausnahmefälle beschränkt sein muss.
Für Arbeitnehmer
Erhalten Arbeitnehmer dauerhaft neue Verantwortungen – insbesondere Weisungsrechte – so ist genau zu prüfen, ob dies als Beförderung zu werten ist. Wird dann später die Funktion „widerrufen“, kann sich daraus ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung in der höheren Funktion ergeben – einschließlich der entsprechenden Vergütung.
Fazit
Die Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 14.05.2025 (Az. 12 SLa 37/25) bringt mehr Klarheit in die Abgrenzung zwischen widerruflicher Zusatzfunktion und unwiderruflicher Beförderung. Wesentlich ist nicht die Höhe der Zulage, sondern die inhaltliche Ausgestaltung der Aufgaben. Werden einem Arbeitnehmer dauerhaft Aufgaben mit Weisungsbefugnissen, Organisationsverantwortung und arbeitsschutzrechtlicher Relevanz übertragen, liegt regelmäßig eine Beförderung vor.
Eine Widerrufsklausel, die dies aushebelt, ist dann unwirksam und verletzt den Schutz des Arbeitnehmers vor einseitigen Vertragsänderungen. Arbeitgeber sollten daher darauf achten, dass Zusatzfunktionen nicht zur faktischen Umgehung von arbeitsrechtlichen Schutzmechanismen führen.
Gerne prüfen wir für Sie, ob eine Zusatzfunktion in Ihrem Fall bereits zur unwiderruflichen Beförderung geworden ist oder ob ein Widerruf rechtlich angreifbar ist.