Am 1. Mai 2025 ist in Deutschland das neue Namensrecht in Kraft getreten – mit weitreichenden Auswirkungen auf Ehepaare, Kinder und Patchworkfamilien. Neu ist insbesondere die Möglichkeit, dass Ehegatten künftig einen gemeinsamen Doppelnamen führen können – etwa in der Form „Müller-Meier“ oder „Müller Meier“. Auch Kinder aus verschiedenen Partnerschaften können nun einen solchen Doppelnamen erhalten. Zudem wurde das internationale Privatrecht angepasst – künftig richtet sich das anwendbare Namensrecht vorrangig nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der betroffenen Person (§ 1 EGBGB).
Diese Änderungen stärken die Selbstbestimmung im privaten Bereich erheblich. Doch in der medialen Berichterstattung bleibt ein Aspekt häufig unbeachtet – und gerade für Berufsträger hat dieser eine enorme praktische Relevanz: die Möglichkeit, einen Berufsnamen zu führen.
Der Berufsname: Rechtlicher Rahmen und Bedeutung
Ein Berufsname ist kein Künstlername, sondern ein rechtlich anerkannter Zusatzname, unter dem eine Person im beruflichen Kontext auftreten kann – auch wenn dieser vom amtlich eingetragenen Familiennamen abweicht. Für viele Berufsträger wie Rechtsanwältinnen, Ärzte, Steuerberater oder Architekten ist dies von zentraler Bedeutung: Wer unter einem bestimmten Namen Reputation aufgebaut hat, möchte diesen auch nach einer Heirat oder Scheidung nicht aufgeben müssen.
Die berufliche Identität ist häufig eng mit dem Namen verknüpft – sei es durch Publikationen, Vorträge oder langjährige Mandatsbeziehungen. Ein abrupter Namenswechsel kann daher zu erheblicher Verunsicherung bei Mandanten führen und die Auffindbarkeit etwa bei Google oder in Fachverzeichnissen beeinträchtigen.
Namenswechsel mit Nebenwirkungen
Berufliche Unsichtbarkeit durch geänderten Namen
In der Praxis bedeutet ein Namenswechsel oft einen drastischen Einschnitt in die Sichtbarkeit und Wahrnehmung einer Person im Berufsleben. Wer beispielsweise nach der Heirat den Namen des Ehepartners annimmt, sieht sich nicht selten mit Rückfragen wie „Sind Sie neu in der Kanzlei?“ oder „Ihre Kollegin war doch früher Frau XY?“ konfrontiert.
Mehrfache Änderungen – ein Risiko für die Wiedererkennbarkeit
Insbesondere wenn nach einer Scheidung der frühere Geburtsname wieder angenommen wird, kommt es zu einem zweiten Wechsel, der die Wiedererkennbarkeit im beruflichen Umfeld weiter erschwert. Gleichzeitig möchten viele Berufstätige nicht ihr Privatleben im Berufsalltag thematisieren müssen.
Ein Berufsname schafft hier Abhilfe: Er erlaubt es, den bisherigen – etwa gut eingeführten – Namen weiterhin beruflich zu nutzen, während der amtliche Name im privaten Umfeld unverändert bleibt.
Die Rechtsprechung: Geburtsname als Berufsname zulässig
Urteil des Anwaltsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen
Eine wichtige Klärung brachte der Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 23. Januar 2015 (Az. 1 AGH 37/14). In dem Fall hatte eine Rechtsanwältin nach der Heirat den Familiennamen ihres Mannes angenommen, wollte aber weiterhin unter ihrem bekannten Geburtsnamen auftreten. Die zuständige Rechtsanwaltskammer verweigerte die Eintragung dieses Namens in das Anwaltsverzeichnis mit Hinweis auf § 31 Abs. 3 BRAO, der nur die Eintragung des aktuellen Familiennamens vorsieht.
Begründung durch das Grundgesetz
Der Anwaltsgerichtshof stellte jedoch klar: Die Führung eines Berufsnamens – hier des Geburtsnamens – sei zulässig, wenn dies der Wahrung der beruflichen Identität diene. Die Entscheidung wurde insbesondere auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie auf den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) gestützt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Rechtsauffassung mit Urteil vom 18. Juli 2016 (Az. AnwZ (Brfg) 43/15). Allerdings stellte der BGH klar, dass der aktuelle Familienname zwingend in das Anwaltsverzeichnis einzutragen sei. Der frühere Geburtsname könne jedoch zusätzlich als Berufsname aufgenommen werden. Dies diene der Transparenz im Rechtsverkehr, beeinträchtige jedoch nicht das Grundrecht auf freie Berufsausübung.
Praktischer Nutzen und Antragstellung
Wer als Berufsträger – etwa als Rechtsanwalt oder Ärztin – unter dem bisherigen Namen weiterhin beruflich auftreten möchte, kann diesen Namen als Berufsname führen. Dafür genügt in der Regel ein formloser Antrag bei der zuständigen Berufskammer unter Verweis auf die oben genannte Rechtsprechung.
Zu beachten ist dabei: Der amtliche Name bleibt in offiziellen Verzeichnissen der Hauptname, der Berufsname wird zusätzlich geführt, etwa mit einem erläuternden Vermerk oder Fußnote. Auf Kanzleischildern, Visitenkarten und in der Kommunikation kann hingegen der Berufsname uneingeschränkt verwendet werden.
Diese Lösung vereint Sichtbarkeit und Kontinuität im Beruf mit der Flexibilität, im privaten Bereich eine andere Namensführung zu wählen – etwa aus familiären oder organisatorischen Gründen.
Fazit: Berufsname – ein oft übersehener, aber strategisch bedeutsamer Schritt
Das neue Namensrecht bringt eine willkommene Liberalisierung im privaten Bereich. Die Möglichkeit, Doppel- und Geburtsnamen flexibler zu nutzen, stärkt die Selbstbestimmung.
Doch der Berufsname ist die entscheidende Ergänzung für alle, die unter einem bestimmten Namen ihre berufliche Identität aufgebaut haben. Er schützt vor Sichtbarkeitsverlust, erhält Mandatsbeziehungen und trägt dazu bei, Kontinuität im Berufsleben zu wahren – auch bei veränderten Lebensumständen wie Heirat oder Scheidung.
Berufsträger sollten die Möglichkeit, einen Berufsname führen zu dürfen, kennen und aktiv nutzen. Es handelt sich dabei nicht um eine rein formale Frage, sondern um ein zentrales Instrument zur Wahrung der eigenen beruflichen Identität und Sichtbarkeit.