Ein Arbeitnehmer meldet sich immer wieder für längere Zeiträume krank. Der Arbeitgeber hat den Verdacht, dass der Arbeitnehmer simuliert und beauftragt einen Privatdetektiv. Dieser bestätigt den Verdacht und ertappt den Arbeitnehmer in flagranti, wie er während der Krankzeit in einer von seinen Söhnen betriebenen Konkurrenzfirma arbeitet. Daraufhin kündigt der Arbeitgeber fristlos. Der Arbeitnehmer zieht vor das Arbeitsgericht und gewinnt, weil die vom Arbeitgeber erlangten Beweise gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen und deshalb ein Beweisverwertungsverbot besteht, so dass die erlangten Beweise nicht verwertet werden dürfen. Das glauben Sie nicht? Doch, so hat es zumindest (vorläufig) das LAG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 20.07.2016 (4 Sa 61/15) entschieden.
Arbeitgeber hat den begründeten Verdacht, dass ein krank gemeldeter Arbeitnehmer in Wahrheit im Konkurrenzunternehmen, das von dessen Söhnen betrieben wird, arbeitet
Krankzeiten von Arbeitnehmern sorgen oft nicht nur für schlechte Stimmung bei den Kollegen, sondern können auch die betrieblichen Abläufe erheblich stören. Dies gilt erst recht, wenn der Verdacht besteht, dass der Arbeitnehmer gar nicht arbeitsunfähig krank ist, sondern nur simuliert. Diesen Verdacht hatte ein Arbeitgeber, dessen Arbeitnehmer sich monatelang hat krankschreiben lassen dadurch erlangt, weil er das Kfz des Arbeitnehmers regelmäßig auf dem Betriebsgelände eines Konkurrenzunternehmens stehen sah, das von den Söhnen des Arbeitnehmers betrieben wird. Er schaltete deshalb einen Detektiv ein, der den Verdacht, nämlich dass der Arbeitnehmer die Krankschreibung dazu nutzt, im Betrieb seiner Söhne zu arbeiten, bestätigte und kündigte daraufhin fristlos.
LAG erklärt fristlose Kündigung für unwirksam, weil der Arbeitgeber nicht den Nachweis einer Pflichtverletzung erbringen konnte
Während die vom Arbeitnehmer erhobene Kündigungsschutzklage noch vom Arbeitsgericht abgewiesen worden ist, hat das LAG Baden-Württemberg a.a.O. die Kündigung für unwirksam gehalten. Zwar können sowohl das Vorspiegeln einer Erkrankung als auch unerlaubter Wettbewerb zum Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Der beweisbelastete Arbeitgeber konnte hierfür aber nicht den Nachweis erbringen, weil die durch den Detektiv gewonnenen Erkenntnisse rechtswidrig unter Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz erlangt wurden, sodass sie nicht verwertet werden dürften, so die Richter
Maßgeblich sei vorliegend die arbeitsrechtliche Spezialvorschrift des § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG, die eine Datenerhebung nur zur Aufdeckung von Straftaten erlaube. Wettbewerbstätigkeiten erfüllten aber keinen Straftatbestand. Das Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit sei ebenfalls kein Straftatbestand, da der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung mehr bezog, diesen also nicht getäuscht bzw. jedenfalls keinen Schaden bei diesem herbeigeführt habe. Mangels Straftaten sei die Datenerhebung daher unzulässig gewesen. Die Erkenntnisse des Detektivs dürften daher nicht verwertet werden. § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG sei insoweit eine abschließende Regelung, die auch einer Auslegung durch das Gericht nicht offen sei, so die Richter.
Folgen aus der Entscheidung für Arbeitgeber
Leistet der Arbeitgeber noch Lohnfortzahlung und simulierte Arbeitnehmer eine Krankheit, dann begeht der Arbeitnehmer einen Betrug, also eine Straftat, so dass also im 6-Wochen-Zeitraum des § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz durch eine Detektei erworbene Kenntnisse nicht unter das Beweisverwertungsverbot fallen.
Im Übrigen ist in obiger Angelegenheit noch nicht das letzte Wort gesprochen, denn das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen. Da der Wortlaut im Bundesdatenschutzgesetz nicht eindeutig, sondern eher schwammig ist, wäre durch eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift auch ein anderes Ergebnis denkbar. Hinzu kommt, dass eine Straftat zulasten der Krankenkasse vorgelegen hat. Der Arbeitnehmer hat nämlich von diese Krankengeld bezogen. Gleichwohl ist augenblicklich nur derjenige Arbeitgeber auf der sicheren Seite, der nicht zuwartet, sondern bereits für die Zeit, in der er kraft Gesetzes zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer nachweisen kann, dass die Krankheit nur vorgetäuscht war.