Ein seit dem Jahr 2015 laufende Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung einer Bankmitarbeiterin wegen des Verdachts eines Vermögensdelikts zulasten der Bank hat nun das LAG Hamm Urteil vom 24 Oktober 2019 (17 Sa 1038/18) zugunsten der Bank entschieden und die Kündigung für gerechtfertigt erklärt. Das Besondere an dem Rechtsstreit ist, dass zuvor sowohl das Arbeitsgericht Herne mit Urteil vom 04.10.2016 (3 Ca 1053/16) und das LAG Hamm mit Urteil vom 14.08.2017 (17 Sa 1540/16) die Kündigung für unwirksam gehalten haben. Die Revision der Bank zum Bundesarbeitsgericht war zunächst insoweit erfolgreich, dass die Richter am BAG die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen hatten mit dem Auftrag aufzuklären, ob die vorliegenden Indiz Tatsachen nicht doch ausreichen würden, um von einem dringenden Tatverdacht der klagenden Bankmitarbeiterin auszugehen. Dies haben die Richter am LAG nunmehr gemacht und ihr zunächst gefundenes Ergebnis revidiert.
Streit um Inhalt eines Geldkoffers
Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem Jahr 1991 als Kassiererin beschäftigt. Im Mai 2015 hatte die Klägerin angegeben, dass in einem von der Bundesbank angelieferten Geldkoffer, in dem sich 115.000 € in 50 Euroscheinen hätten befinden sollen, lediglich eine Packung Babynahrung und Waschpulver gewesen sein. Das Geld blieb dauerhaft verschwunden.
Die Bank hat das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos gekündigt und die Kündigung damit begründet, dass als Ergebnis ihrer eigenen Aufklärungsbemühungen wegen zahlreicher gegen die Mitarbeiterin sprechender Indizien zumindest der dringende Verdacht eines Vermögensdelikts zum Nachteil der Bank begründet sei. So habe die Klägerin den nach Höhe und Stückelung ungewöhnlichen Geldbetrag am Tag zuvor selbst bei der Bundesbank bestellt gehabt.
Richter am LAG sind nun von einer Täterschaft der Bankmitarbeiterin überzeugt
Nachdem ja zunächst das LAG die Kündigung für unwirksam erklärt hatte und dann vom BAG dafür gerügt wurde, dass der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt worden war, sind die Richter nunmehr nach nochmaliger Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass sie von einer Wegnahme des Geldes durch die gekündigte Mitarbeiterin überzeugt sein. Die Richter haben dabei berücksichtigt, dass die Klägerin nun auch strafrechtlich parallel mit Urteil vom 22.05.2019 wegen Unterschlagung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt worden war. Dass das Strafurteil noch nicht rechtskräftig ist hat die Richter dabei nicht gestört. Um die Sache nun „dingfest“ zu machen, haben Sie eine neuerliche Revision zum BAG nicht zugelassen, so das der Klägerin, wenn sie gegen das Urteil vorgehen möchte, nur die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde bleibt, so dass die Chancen, dass das BAG sich erneut mit der Sache befasst, äußerst gering sind.
Anmerkung:
Zur Wirksamkeit einer sog. Verdachtskündigung ist nicht erforderlich, dass die Täterschaft des gekündigten Arbeitnehmers feststeht. Ausreichend ist bereits, dass ein dringender Verdacht vorgelegen hat und dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung die Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt worden ist.
Der Fall verdeutlicht einmal mehr in geradezu erschreckender Weise, wie nah Recht und Unrecht beieinanderliegen. Hätte sich nämlich der Arbeitgeber, also hier die Bank, dem ersten Urteil des LAG nicht widersetzt, dann wäre vermutlich heute die zwischenzeitlich 54-jährige Klägerin, noch weiter in der Bank beschäftigt und würde dort wohl auch bis zur Rente bleiben. Der Fall verdeutlicht aber auch für all diejenigen, die vor Gericht um ihr Recht kämpfen, dass derjenige, der zu seinem Recht kommen will, oft nicht nur einen langen Atem, sondern auch entsprechende finanzielle Mittel benötigt, um den Weg durch die Instanzen bis zum bitteren Ende gehen zu können. Für die Bank ist dies sicherlich ein Sieg, den sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge sieht. Einerseits ist sie nun die illoyale Mitarbeiterin doch noch losgeworden. Neben dem unterschlagenen Geld, das dauerhaft verschwunden geblieben ist, wodurch der Bank bereits ein Schaden entstanden ist, wird sie aber voraussichtlich auch auf den Verfahrenskosten ganz oder zum Großteil sitzen bleiben, weil kaum zu erwarten ist, dass die Klägerin aufgrund ihres Alters und der strafrechtlichen Verurteilung am Arbeitsmarkt noch einmal so Fuß fassen wird, dass diese in der Lage wäre, ihre Schulden gegenüber ihrem vormaligen Arbeitgeber zu begleichen.