Wer ein Testament errichtet, der verfolgt oft mehrere Ziele: einerseits soll bei der Verteilung des Nachlasses Streit innerhalb der Familie vermieden oder bestimmte Gegenstände, wie z.B. Immobilien, bestimmten Personen zugewendet werden und andererseits möchten auch viele Erblasser dafür sorgen, dass sich im Erbfall der Fiskus nicht zu üppig an ihren sauer verdienten und bereits versteuerten Ersparnissen bedient. Deshalb ist die Errichtung eines gut durchdachten Testaments essenziell dafür, den Erblasserwillen auch wirklich durchzusetzen. In manchen Fällen kann dabei ein sogenanntes Supervermächtnis hilfreich sein. Wir erläutern Ihnen nachfolgend, was Sie dazu wissen müssen.
Was ist ein Supervermächtnis?
Das Supervermächtnis ist eine besondere Form des Vermächtnisses im deutschen Erbrecht (§§ 2151 ff. BGB), insbesondere eine Kombination aus Zweck-, Auswahl- und Verschaffungsvermächtnis. Die Besonderheit liegt in § 2156 BGB: Er erlaubt es dem überlebenden Ehegatten – oft im Rahmen eines Berliner Testaments – weitgehend flexibel zu bestimmen, wer, wann und welche Vermögenswerte als Vermächtnis erhält.
Kurz gesagt: Der länger lebende Ehegatte bleibt Alleinerbe, kann aber durch das Supervermächtnis bestimmte Teile des Nachlasses im Rahmen seines Ermessens zugunsten der Kinder oder anderer Begünstigter weitergeben – und so gezielt steuerliche Freibeträge nutzen.
Wann sollten Erblasser ein Supervermächtnis einsetzen?
Von zentraler Bedeutung bei der Errichtung eines Testaments ist oft der Wunsch den überlebenden Ehegatten einerseits bestmöglich abzusichern, andererseits aber hierdurch nicht Steuervorteile zu verschenken.
Berliner Testament und Steuerfreibeträge
Beim klassischen Berliner Testament erbt zunächst nur der überlebende Ehepartner. Die Freibeträge der Kinder (je 400.000 Euro nach § 16 ErbStG) bleiben dabei ungenutzt. Mit dem Supervermächtnis können diese gezielt bereits beim ersten Erbfall ausgeschöpft werden.
Ungewisser Nachlassumfang
Ist zum Zeitpunkt der Testamentsverfassung nicht klar, welche Vermögenswerte später vorhanden sind – etwa bei Unternehmensbeteiligungen oder Immobilien –, erlaubt das Supervermächtnis eine spätere Anpassung an die tatsächlichen Verhältnisse.
Besondere familiäre Situationen
Bei minderjährigen, überschuldeten oder unterstützungsbedürftigen Kindern kann das Supervermächtnis eine maßgeschneiderte, geschützte Vermögensweitergabe ermöglichen.
Reduzierung von Streitigkeiten
Durch klare Zweckbestimmung und individuelle Gestaltung lassen sich spätere Auseinandersetzungen innerhalb der Erbengemeinschaft oft vermeiden.
Vorteile des Supervermächtnisses
- Steuerersparnis: Durch das gezielte Ausnutzen der Freibeträge nach § 16 ErbStG der Kinder im ersten Erbfall kann die Steuerlast erheblich gesenkt werden.
- Gestaltungsfreiheit: Der überlebende Ehegatte kann flexibel entscheiden, wann und in welcher Höhe er das Vermächtnis erfüllt.
- Absicherung des Ehegatten: Der länger lebende Ehepartner bleibt Alleinerbe und kann das Familienvermögen zunächst weiterhin eigenständig verwalten.
- Rechtlich anerkannt: Die Rechtsprechung, insbesondere das OLG Hamm (Beschluss vom 16.08.2018 – 15 W 256/18), bestätigt die grundsätzliche Zulässigkeit solcher Regelungen, sofern sie klar formuliert sind.
Nachteile und Risiken
- Gestaltungskomplexität: Das Supervermächtnis muss in juristisch präziser Sprache formuliert sein. Unklarheiten können zur steuerlichen Nichtanerkennung oder zu Streit führen.
- Unbestimmte Zweckformeln: Allgemeine Formulierungen wie „zur Versorgung“ oder „nach eigenem Ermessen“ bergen die Gefahr der steuerlichen Versagung.
- Fehlerhafte Fälligkeit: Wird das Vermächtnis erst mit dem Tod des zweiten Ehegatten fällig, kann es als Nacherbschaft qualifiziert werden – mit Verlust der
Freibeträge nach § 16 ErbStG. Zudem greift dann § 6 Abs. 4 ErbStG. - Beratungsbedarf: Ohne fundierte juristische und steuerrechtliche Beratung besteht die Gefahr, dass das Vermächtnis nicht wie gewünscht wirkt oder steuerlich nachteilig ist.
Praxis-Tipps zur Gestaltung
- Zweck des Vermächtnisses klar formulieren: z. B. „zur Ausnutzung der Freibeträge gemäß § 16 ErbStG“.
- Fälligkeit konkret regeln: idealerweise innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach dem ersten Todesfall.
- Kreis der Begünstigten beschränken: z. B. auf bestimmte Kinder oder Enkel mit Angabe von Höchst- und Mindestsummen.
- Beurkundung durch Notar: um Rechtssicherheit und steuerliche Anerkennung zu gewährleisten.
Fazit
Das Supervermächtnis ist ein ausgesprochen wirkungsvolles erbrechtliches Instrument zur Kombination von Nachlassplanung, Steueroptimierung und Flexibilität. Es eignet sich vor allem im Rahmen von Berliner Testamenten, wenn die Versorgung des Ehepartners gesichert und gleichzeitig die Steuerfreibeträge der Kinder frühzeitig genutzt werden sollen.
Allerdings erfordert die Gestaltung Sorgfalt und Präzision – insbesondere im Hinblick auf Zweck, Fälligkeit und Berechtigtenkreis. Fehler bei der Ausformulierung können zu gravierenden steuerlichen Nachteilen führen. Daher sollte ein Supervermächtnis nur mit fundierter anwaltlicher und ggf. notarieller Unterstützung formuliert werden.
Unsere Empfehlung: Wenn Sie ein Berliner Testament errichten oder bestehende Nachfolgeregelungen steuerlich und rechtlich optimieren möchten, prüfen wir für Sie, ob ein Supervermächtnis eine geeignete Ergänzung ist. Sprechen Sie uns gerne an – wir beraten Sie umfassend und individuell.